Bregenzer Festspiele
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Leidenschaft, Engagement und Inspiration: „Elisabeth Sobotkas Beitrag zur Entwicklung der Bregenzer Festspiele ist unermesslich“

Die Intendanz von Elisabeth Sobotka, 2015 – 2024

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Seebühne, Festspielhaus, Werkstattbühne: Es gibt wohl keinen anderen Platz auf der Welt, wo man drei so unterschiedliche Spielorte unmittelbar nebeneinander hat. Daraus entsteht eine starke Energie.
Elisabeth Sobotka, November 2018

„Feinsinniges Theater und eine gescheite, große Show“, so fasste Elisabeth Sobotka in einem Interview für das Magazin „Festspielzeit“ den Anspruch des Festivals am Bodensee zusammen und brachte damit selbst auf den Punkt, was ihr in zehn einzigartigen Spielzeiten in Bregenz gelungen ist. „Elisabeth Sobotka hat Opernwerke ans Seeufer geholt, an die sich vor ihr kein anderer Bregenzer Intendant gewagt hat. Sie hat im Festspielhaus und auf der Werkstattbühne das Vergessene genauso zelebriert wie das Neue, sie hat das Klassische in den Fokus gerückt und dem Zeitgenössischen reichlich Raum gegeben. Die Bregenzer Dramaturgie hat Elisabeth Sobotka zehn Festspielsaisonen gekonnt fortgesetzt und mit neuem, eigenständigem Leben erfüllt. Dabei interessierte sie sich nicht nur für das Etablierte, das Sichere. Sie war stets auf der Suche nach neuen Talenten, jungen Sänger:innen und Musiker:innen, außergewöhnlichen Künstler:innen auf und neben der Bühne, nach Themen, die bewegen und aufregen. Elisabeth Sobotkas Beitrag zur Entwicklung der Bregenzer Festspiele ist unermesslich und wir sind ihr für ihre Leidenschaft, ihr Engagement und ihre Inspiration zutiefst dankbar“, würdigt Festspielpräsident Hans-Peter Metzler die scheidende Intendantin.

Das ideale Werk mit dem perfekten Team verbinden: Spiel auf dem See
Auf der Seebühne gab es zwischen 2015 und 2024 eine intime Turandot und eine strahlende Carmen, einen spektakulären Rigoletto, eine poetische Madame Butterfly und einen durch und durch außergewöhnlichen Freischütz. Es war aber nicht nur Elisabeth Sobotkas feines Gespür für die richtigen Opern und ihre hervorragenden Kontakte zu großartigen Regisseuren und Bühnenbilder:innen, die für die großen Erfolge des Spiels auf den See seit 2015 ausschlaggebend waren. Neun Jahre lang ist es ihr auch gelungen, jeweils das ideale Werk mit dem passenden Team zusammenzuführen. Und so war jedes neue Spiel auf dem See immer das Ergebnis eines engen Dialogs zwischen der Intendantin und den beauftragten Künstler:innen: „In einem künstlerischen Prozess weiß man nie, wie er ausgeht: Genau das macht es so spannend“, so Sobotka in einem Interview zu Carmen 2017. 

In diesem einmaligen Zusammenspiel entstanden ein halbversunkenes, winterliches Dorf, dass die Besucher:innen erschauern ließ (Der Freischütz – Philipp Stölzl 2024/25), zarte Poesie auf einem riesigen, weißen Blatt Papier (Madame Butterfly – Andreas Homoki | Michael Levine 2022/23), das unheimliche Mimikspiel eines Narren (Rigoletto – Philipp Stölzl 2019/21), zwei riesige Hände mit einem aufgeworfenen Kartenspiel (Carmen – Kaspar Holten | Es Devlin 2017/18) und eine von Wasser umgebene chinesische Mauer (Turandot – Marco Arturo Marelli 2015/16). 

Die Poesie, die Dramatik und die Intimität dieser Opern stand bei all diesen Inszenierungen im Mittelpunkt, genauso wie der besondere Klang ihrer Musik, die von feinfühlig ausgewählten Sänger:innen auf der Bühne verkörpert wurde. Hier wie bei der Oper im Festspielhaus und den Orchesterkonzerten prägten die Wiener Symphoniker sowie der Prager Philharmonische Chor die herausragende musikalische Qualität.

Klassisches, Neuartiges, Vergessenes: Oper im Festspielhaus
Im Festspielhaus nutzte Elisabeth Sobotka die „klassische Guckkastenbühne“ im Großen Saal für einzigartige Opern-Entdeckungen, aber auch für neuartige Inszenierungen und herausragende musikalische Interpretationen bekannter Werke. So galt Stefan Herheims Inszenierung von Jacques Offenbachs Hoffmanns Erzählungen mit dem Dirigenten Johannes Debus als „Geniestreich und Meilenstein in der Rezeptionsgeschichte dieses schwierigen Stücks“, wie die Süddeutsche Zeitung befand (Johannes Debus | Stefan Herheim, 2015). Einen ungestümen, leidenschaftlichen Hamlet zeigte Franco Faccios gleichnamige Oper (Paolo Carignani | Olivier Tambosi, 2016). Lotte de Beer teilte für Gioachino Rossinis Moses in Ägypten das Rote Meer gemeinsam mit dem Theaterkollektiv Hotel Modern (Enrique Mazzola | Lotte de Beer, 2017). Sündhafte Opulenz und Machtmissbrauch ließen Patriziertochter Beatrice Cenci in Berthold Goldschmidts Oper den Vatermord als vermeintlichen Ausweg planen (Johannes Debus | Johannes Erath, 2018) Ein neuer Blick auf den „Ritter von der traurigen Gestalt“ war Jules Massenets Don Quichotte (Daniel Cohen | Mariame Clément, 2019), und eine der berüchtigtsten historischen Figuren fand sich in Arrigo Boitos Nero auf der Bühne des Festspielhauses wieder (Dirk Kaftan | Olivier Tambosi, 2021). Gesellschaftliche Grausamkeit, bedingungslose Liebe und enttäuschte Hoffnung schilderte Umberto Giordanos Sibirien (Valentin Uryupin | Vasily Barkhatov, 2022). Ehre und Liebe, Mord und Rache dominierten Giuseppe Verdis Ernani, eine Geschichte über das „unvollkommene Wesen namens Mensch“ (Enrique Mazzola | Lotte de Beer, 2023). Rossinis „Jugendmeisterwerk“ Tancredi schließlich versetzte Jan Philipp Gloger kurzerhand ins Clanmilieu, wo zwei junge Frauen inmitten einer Männerwelt versuchen, miteinander glücklich zu werden (Yi-Chen Lin | Jan Philipp Gloger, 2024).

Erster Bregenzer Conductor in Residence
Elisabeth Sobotka hat aber auch erkannt, wie positiv sich ein kontinuierlicher musikalischer Begleiter auf das Festival auswirkt. 2022 hat sie den italienischen Dirigenten Enrique Mazzola zum Conductor in Residence ernannt und in ihm einen verlässlichen Partner bei mehreren Projekten des Spiels auf dem See und Oper im Festspielhaus, aber auch bei Orchesterkonzerten der Wiener Symphoniker gewonnen.

Uraufführungen, einzigartiges Opernatelier
Mit dem Bregenzer Opernatelier, das die Intendantin gemeinsam mit dem Kunsthaus Bregenz und den beiden Direktoren Yilmaz Dziewior und Thomas D. Trummer entwickelt hat, ist ein neues, besonderes Genre der Uraufführung entstanden. Zwei Ideen waren dabei maßgebend: Erstens: Für ein neues Musiktheater sollten Komponist:innen und Regisseur:innen mit einer:m bildenden Künstler:in zusammengebracht werden. Zweitens: Das Publikum sollte eingeladen werden, in Form von „Einblicken“ die Entstehung dieser neuen Oper über drei Jahre hinweg von der ersten Idee bis zur Premiere zu verfolgen: Ein außergewöhnlicher und facettenreicher Blick hinter die Kulissen einer Produktion, der vom Publikum begeistert aufgenommen wurde.

Drei bildende Künstler:innen haben die Werkstattbühne auf drei völlig unterschiedliche Weisen in einen Ort für einzigartige Opernerlebnisse verwandelt: Entstanden sind eine zweidimensional werdende Opernbühne (To the Lighthouse  – Jakob Kolding mit dem Komponisten Zesses Seglias und Ernst Marianne Binder sowie Olivier Tambosi, 2017), eine begehbare Orgelinstallation (Wind – Flaka Haliti mit Alexander Moosbrugger, 2021) und ein raumgreifender Oktopus (Hold Your Breath – Hugo Canoilas mit Éna Brennan und David Pountney, 2024).

Aber auch abseits des Opernateliers hat Elisabeth Sobotka Uraufführungen auf der Werkstattbühne zur sommerlichen Normalität gemacht: Es begann mit Staatsoperette. Die Austro-Tragödie (Otto M. Zykan, 2016), darauf folgte Das Jagdgewehr (Thomas Larcher, 2018) und Wunderwandelwelt (François Sarhan, 2019), Upload (Michel van der Aa, 2021), Melencolia (Brigitta Muntendorf | Moritz Lobeck, 2022), Die Judith von Shimoda (Fabián Panisello, 2023) und Unmögliche Verbindung (Ondřej Adámek, 2024). Bei mehreren Projekten war mit dem Ensemble Modern eines der weltweit bedeutendsten Ensembles für zeitgenössische Musik zu erleben. 

Nachwuchsarbeit: Opernstudio, Orchesterakademie Bregenz, Junge Festspiele
Für das Opernstudio hat Elisabeth Sobotka gleich zu Beginn ihrer Intendanz die einzigartige Brigitte Fassbaender an den Bodensee geholt. Denn die Grande Dame der deutschsprachigen Opernwelt teilt mit der Bregenzer Intendantin die Leidenschaft für ambitionierte, professionelle Nachwuchsarbeit, aus der im besten Fall neue, talentierte Künstler:innen für die Opernbühne erwachsen. Genau das hat sich 2015 und 2024 im Theater am Kornmarkt mit Werken wie Così fan tutte und Don Giovanni, Die Hochzeit des Figaro und Der Barbier von SevillaEugen Onegin, Armida, Die Italienerin in Algier, Werther und Der Ehevertrag | Gianni Schicchi gezeigt: Wie viel Talent in jungen Sänger:innen steckt. Bei allen Produktionen des Opernstudios war das Symphonieorchester Vorarlberg ein verlässlicher Partner.

Mit der 2022 ins Leben gerufenen Orchesterakademie setzen die Bregenzer Festspiele gemeinsam mit den Wiener Symphonikern und der Stella Vorarlberg Privathochschule für Musik ein weiteres, wichtiges Zeichen für den künstlerischen Nachwuchs: In biennalem Abstand arbeiten junge Musiker:innen im Alter zwischen 17 und 27 Jahren eine Woche lang mit dem Dirigenten Daniel Cohen an ihrem gemeinsamen Konzert.

Im Programm der Jungen Festspiele waren es vor allem die Mitmach-Opern in Zusammenarbeit mit Aslico, Opera Domani (Carmen – Der Star im Zirkus Sevilla, 2018, Die Zauberflöte – Der Klang des Friedens, 2023), die neu ins Programm genommen wurden. Mehrfach begeisterten die musikalischen Projekte des aus Vorarlberg stammenden Ensembles Die Schurken zahlreiche Kinder. Unmittelbare Bühnenerlebnisse berühren junge Menschen viel intensiver als reiner Musikkonsum, ist Elisabeth Sobotka überzeugt: „Solche Erfahrungen können ein Leben lang prägen.“ 

Fotos von Elisabeth Sobotka finden Sie hier

(bk)
 

18.08.2024 Elisabeth Sobotka © Bregenzer Festspiele / Dietmar Mathis
19.08.2024 David Pountney und Elisabeth Sobotka Vorstellungs-Pressekonferenz Juli 2012
© Bregenzer Festspiele / Anja Köhler
16.08.2024 Elisabeth Sobotka und Lilli Paasikivi vorläufige Bilanz-Pressekonferenz August 2024
© Bregenzer Festspiele / Lisa Mathis

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