Bregenz, 2.5.2011. Die erste Auflage im vergangenen Jahr war ein großer Erfolg, die zweite findet vom 11. bis 15. Mai 2011 im Metrokino Bregenz statt: Die Rede ist natürlich von der Festspiel-Filmwoche, die in diesem Jahr passend zu Umberto Giordanos Oper André Chénier auf der Seebühne die Französische Revolution in den Mittelpunkt rückt.
In Kooperation mit dem ]Filmforum Bregenz hat der Direktor des jüdischen Museums Hohenems, Hanno Loewy (der bereits 2010 gemeinsam mit Intendant David Pountney für die Auswahl der Filmwoche zum Thema Passagiere zwischen Gegenwart und Vergangenheit verantwortlich zeichnet) mit Marie-Antoinette von Sofia Coppola, La Nuit de Varennes von Ettore Scola und Hans Behrendts Danton drei Filme ausgewählt, die alle auf ihre ganz eigene Art und Weise die Französische Revolution auf die Leinwand bringen.
Die Revolution als Popstreifen und als Roadmovie
Während Sofia Coppola in Marie-Antoinette aus dem Jahre 2006 das Schicksal der österreichischen Erzherzogin am französischen Hof in ihrem Film in poppigen Farben als kraftvolles und einfühlsames Drama umreißt, ist Ettore Scolas 1982 entstandener Film La Nuit de Varennes ein höchst ungewöhnliches Roadmovie, das mit einem großen Staraufgebot (darunter Michel Piccoli, Marcello Mastroianni, Harvey Keitel und Hannah Schygulla) und mit viel Ironie die Geschichte die wilden Flucht des Königs und der Königin aus dem Paris der Französischen Revolution beschreibt.
Konflikt zwischen Dogma und Leben
Hans Behrendts aus dem Jahr 1930/31 stammender Film Danton ist großes Schauspielerkino aus der Urzeit des Tonfilms und ein Bekenntnis zur Republik und gegen die Diktatur. Georg Büchners Danton hat Generationen von Filmregisseuren beschäftigt: Die Revolution frisst ihre Kinder und der Konflikt zwischen Dogma und Leben findet im Drama zwischen Danton und Robespierre auf drastische Weise Gestalt.
Als Hans Behrendt den Danton mit Fritz Kortner als Danton, Gustav Gründgens als Robespierre und Alexander Granach als Marat auf die Leinwand bringt, steht Deutschland am Rande des Nationalsozialismus. Kortner, Granach und Behrendt mussten bald als Juden aus Deutschland fliehen. Kortner und Granach überlebten im Exil. Regisseur Hans Behrendt wurde von Frankreich nach Auschwitz deportiert und ermordet. Sein Danton wird heute als Kostbarkeit der Filmgeschichte im Archiv bewahrt.
Zwischen Freiheit und Doktrin – Hanno Loewy zur Festspiel-Filmwoche 2011
Film und Revolution? Da denkt man an die Russische Revolution, an den Panzerkreuzer Potemkin und die Mobilisierung der Massen im und durch das Kino. Doch die Mutter aller Revolutionen, die Revolution von 1789 in Frankreich, hat die Fantasie des Kinos ebenso beflügelt, wie die Oper, die dieses Jahr auf dem See stattfinden wird. Grund genug, auch 2011 die Bregenzer Festspiele wieder mit einem Vorspiel auf der Kinoleinwand in Kooperation mit dem Metro-Kino und dem Film Forum Bregenz beginnen zu lassen. Auf der Leinwand stehen freilich Danton und Robespierre im Mittelpunkt, die seit Büchners Drama Danton für den Gegensatz von Freiheit und Doktrin, von Ideal und Ideologie herhalten müssen. Doch auch André Chénier hat das Kino schon seit 100 Jahren beschäftigt, auf der Suche nach Helden und Mythen, nach einem Happy End oder wenigstens einer Katharsis. Die Französische Revolution fraß am Ende ebenso ihre Kinder, wie später fast alle Revolutionen.
Und sie hat doch die Ideen der Freiheit, Gleichheit und Solidarität ein für allemal in die Welt gebracht. Ein kostbares Erbe. Dieses Lehrstück der Utopie und ihrer Grenzen ist immer wieder neu und anders interpretiert worden. Von Fritz Kortners bis zu Andrzej Wajdas Danton, von Abel Gances Napoléon zu den namenlosen Helden von Jean Rénoirs La Marseillaise, von Peter Weiss und Peter Brooks Marat/Sade bis zu Ettore Scolas Casanova auf der Flucht, von den Chénier-Kurzfilmen der Gaumont bis zu Sophie Coppolas Marie-Antoinette.
Jeder hat sich seinen eigenen filmischen Reim auf die Revolution gemacht: als Unterpfand der menschlichen Freiheit oder als nationaler Mythos, als Rechtfertigung der Volksfront, als Aufarbeitung der kommunistischen Diktatur oder als Kritik am Konsumrausch der Besitzenden.
Hanno LoewyDirektor Jüdisches Museum, Hohenems und Kurator der Festspiel-Filmwoche
ZWEITE FILMWOCHE DER BREGENZER FESTSPIELEIn Kooperation mit dem Filmforum Bregenz
Kurator: Hanno Loewy
Termin: 11. bis 15. Mai 2011
Ort: Metro-Kino Bregenz
Termine der einzelnen Filme: 11. Mai 2011, 20.00 Uhr ]Marie-Antoinette von Sofia Coppola12. Mai 2011, 20.00 Uhr ]La Nuit de Varennes von Ettore Scola13. Mai 2011, 22.00 Uhr ]Marie-Antoinette von Sofia Coppola14. Mai 2011, 22.00 Uhr ]La Nuit de Varennes von Ettore Scola15. Mai 2011,17.30 Uhr ]Danton von Hans Behrendt (im Anschluss an den Film gibt es ein Buffet)
(bk)