Bregenz, 2.7.21. Julia Jones ist Expertin für Mozart und Verdi. Als musikalische Leiterin des Spiels auf dem See kommt die Britin erstmals nach Bregenz. In fließendem Deutsch spricht sie über Privilegien, die Rolle einer Dirigentin und Verdis revolutionäres Werk.
Sie haben einmal gesagt: „Ein Dirigent ist nichts ohne Musiker. Er ist bei weitem nicht so wichtig, wie manche denken.“ Worin sehen Sie Ihre Aufgabe?
Vor allem geht es um die Interpretation der Partitur, um das richtige Tempo, um Lautstärke und Phrasierung. Meine Hauptaufgabe ist es, die Partitur zu vermitteln und dabei den Wünschen des Komponisten treu zu bleiben. Ich kann nicht einfach dirigieren und Änderungen vornehmen, wie ich will. Ein anderer Aspekt ist es, die vielen Elemente bei einer Oper zusammenzusetzen: Orchester, Chor und die Solisten auf der Bühne. So entstehen wunderbare Momente im Team.
Worauf kommt es bei Rigoletto an?
Verdi hat mit Rigoletto ein revolutionäres Stück geschrieben. Es hat stärker den Charakter eines Schauspiels. Verdi verzichtet auf das bis dahin übliche große Finale. Statt vieler Arien gibt es hauptsächlich Duette. Neu ist dabei auch, dass an manchen Stellen nicht Solisten, sondern Instrumente wie Kontrabass und Cello als Duett auftreten und die Melodie spielen. Die Sänger bleiben in solchen Szenen im Hintergrund, kommentieren nur mit kürzeren Phrasen. Umgekehrt setzt Verdi bei der Sturmmusik im dritten Akt den summenden Chor als Windmaschine ein.
Bei Verdi-Opern wie Aida und La Traviata bringen Sie eine Menge Erfahrung mit ...Rigoletto habe ich bereits vor einigen Jahren gemacht. Ein besonderes Stück für mich. Ich hätte es Anfang dieses Jahres in Prag dirigieren sollen. Dann kam leider die Pandemie dazwischen, die Produktion wurde abgesagt.
Sie feiern heuer ihr Debüt bei den Bregenzer Festspielen. Was wird für Sie die größte Herausforderung sein?
Hier ist natürlich die Situation eine ganz besondere. Die Sängerinnen und Sänger stehen nicht direkt vor mir. Stattdessen sehen sie mich nur über Monitore. Das ist eine Umstellung, auf die ich selbst gespannt bin. Aber es sollte funktionieren. Das haben meine Vorgänger ja immer wieder bewiesen. Ich hoffe einfach, dass jemand singt, wenn ich den Einsatz in die Kamera gebe (lacht).
Am Ende dieser Saison hören Sie nach fünf Jahren als Generalmusikdirektorin in Wuppertal auf. Wie geht es für Sie weiter?
Ich werde mich wieder auf meine Projekte als Freischaffende konzentrieren. Immer wieder neue Eindrücke zu sammeln und mit neuen Menschen zusammenzuarbeiten, finde ich wichtig. Dreißig Jahre bin ich durch die Welt gereist: Europa, Australien, China, Japan, Kanada. Das ist ein unglaubliches Privileg. Aber nun möchte ich mehr in meinem Zuhause sein, in Portugal.
Rigoletto ist zwischen dem 22. Juli und 22. August wieder auf der Bregenzer Seebühne zu sehen. Tickets und Informationen unter www.bregenzerfestspiele.com sowie Telefon 0043 5574 4076.
(tb)