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Bregenz, 12.7.24. Die kostümerfahrene Münchnerin Waltraud Münzhuber leitet die Werkstatt Kostümmalerei der Bregenzer Festspiele. Sie und ihr Team sorgen dafür, dass beim Freischütz die Gewänder an den richtigen Stellen Flecken haben, modrig aussehen oder im Scheinwerferlicht strahlen. "Hinter jedem Bühnenbild steht ein Farbkonzept, das auch für die Kostüme gilt. Grundsätzlich versuchen wir, die Geschichte des Freischütz dem Regiekonzept von Philipp Stölzl folgend stimmig zu erzählen."
"Kunsthandwerk Kostümmalerei"
Mit Akribie bearbeitet Dorothee Melzer erst mit Schleifpapier, dann mit Farbe einen breiten Gürtel. Sie knickt das Leder da und dort ein paar Mal, damit es kleine Risse bekommt. Das wäre – Ältere erinnern sich an Robert Lembkes "heiteres Beruferaten" im Fernsehen – eine typische Handbewegung bei "Was bin ich?" gewesen: mit bestimmten Kniffen Kostüme "auf Alt" machen. "Wir machen alles Dekorative am Kostüm", erklärt Waltraud Münzhuber und listet so nebenbei auf, was bei Der Freischütz gefragt ist: "Thema Blut, Thema Dreck, Thema Ekel …". Webers Oper spielt ganz der Schauerromantik verpflichtet mit der Lust am Schrecken.
Dorothee Melzer, die seit 30 Jahren am Theater in Frankfurt arbeitet und für die Bregenzer Festspiele Urlaub genommen hat, ist zusammen mit Waltraud diejenige mit der längsten Erfahrung im sechsköpfigen Team "Kunsthandwerk Kostümmalerei". Waltraud Münzhuber ist neben ihrem zweiten Standbein als Handweberin seit 1999 als freischaffende Kostümmalerin tätig. Zuvor war sie neun Jahre an der Bayerischen Staatsoper engagiert.
Liebevolle Handarbeit
Kostümmalerei ist kein Lehrberuf, obwohl das immer wieder gewünscht wird. So hängt alles von "learning by doing" ab. Was brauche ich – ein Beispiel von vielen zum Spiel auf dem See –, damit ein Kostümdetail aus Filz für die metallene Kufe eines Schlittschuhs gehalten wird? Am Ende waren es "sechs Schichten Transparentplastik –und der Effekt sieht total gut aus. Da hab’ ich mich richtig gefreut!", erklärt Waltraud Münzhuber das Stück in ihrer Hand. Augenscheinlicher für die Besucher:innen des Freischütz werden die Kostüme der Tänzerinnen des Wasserballetts in Ännchens Traumsequenz sein. Jeder der insgesamt neun Badeanzüge – einer dient als Reserve – ist mit tausenden glitzernden Strasssteinen besetzt. "Ich weiß gar nicht, wie viele es genau sind, aber jeder einzelne ist tatsächlich von Hand draufgeklebt. Das sind vier Tage, die man an einem Kostüm sitzt." Die Kostüme der Wassergeister wiederum sollen "schimmelig und algig ausschauen, glänzen und dann auch noch wassertauglich sein. Da haben wir Stoffe und Farben auf verschiedenste Arten probiert."
Ob alles nach Wunsch und Plan funktioniert, zeigt sich bei den Proben am Ende des Entstehungsprozesses. Der begann vor über einem Jahr. Die erste Besprechung mit der Kostümbildnerin fand noch vor dem Sommer 2023 in Bregenz statt. Ende August waren dann die ersten Stoffmuster bestellt und zusammengetragen, so dass "wir zu zweit zwei Wochen lang in Bregenz die ersten Muster gefärbt haben." Die ersten Kostüme gingen in die Schneiderei, kamen zum Färben und zwecks Veralterung zurück. Im Oktober und Februar trafen sich Waltraud Münzhuber und eine Kollegin noch einmal zwei Wochen in Bregenz. "Im April waren wir schon zu viert hier", berichtet sie, um die Kostüme für den Chor zu finalisieren. Ab 27. Mai war die Werkstatt Kostümmalerei dann voll besetzt. Es sind schließlich 150 Kostüme, die für den Freischütz notwendig sind, und jedes davon ist ein Einzelstück.
Je intensiver die Proben werden, umso mehr kurzfristige Änderungswünsche gibt es, die das Team um Waltraud Münzhuber aber nicht aus der Ruhe zu bringen scheinen. Am vergangenen Samstag fand die Klavierhauptprobe auf der Seebühne statt, berichtet sie, das erste Mal unter den Lichtbedingungen wie bei den späteren Aufführungen. Sie zeigt eine handschriftliche Liste mit Anpassungswünschen für die Kostüme. "Die Liste ist relativ kurz", merkt sie beiläufig an. Sie und das Team haben demnach vorab gut gearbeitet. Waltraud Münzhuber nickt.
(ami)
Die Bregenzer Festspiele 2024 finden von 17. Juli bis 18. August statt. Tickets und Infos unter www.bregenzerfestspiele.com und Telefon 0043 5574 4076.