Bregenz, 12.7.19. Seit September 2018 leitet Lenka Radecky die Kostümabteilung der Bregenzer Festspiele. Damit ist sie für viele einzelne Gruppen zuständig: Damen- und Herrenschneider, Hut- und Schuhmacher, Kunstgewerbe, Rüstmeister sowie den Künstler-Garderobendienst. Außerdem kümmert sie sich um die Buchhaltung und Verträge dieser „kleinen Firma in der Firma“, wie sie sagt.
Vor knapp einem Jahr traten Sie Ihre Stelle in Bregenz an. Wie kam es dazu?
Nach meinem Abschied von den Tiroler Festspielen Erl war ich fast drei Jahre lang freiberuflich tätig und lebte in Berlin. Eigentlich war ich fest entschlossen, nicht ans Theater zurückzukehren. Stattdessen hatte ich die Möbelbranche im Visier. Interior Design hat mich schon immer interessiert. Dann habe ich von Bregenz erfahren.
Welche Veränderungen haben Sie hier angestoßen?
Ich habe hier die Möglichkeit, die Kostümabteilung in ein neues Zeitalter führen zu dürfen. Von den 250 Kostümen, die wir in dieser Saison insgesamt brauchen, stellen wir heuer rund 100 selbst her. Früher haben wir die Produktion komplett an Fremdfirmen vergeben. Jetzt haben wir den Vorteil, Qualität und Ablauf selbst steuern zu können. Außerdem diskutieren wir momentan die Idee, die Kostümabteilung in einen ganzjährigen Betrieb umzuwandeln. Damit verbunden ist der Ansatz einer Ausbildungsstätte, womit wir in diesem Bereich in Vorarlberg die Ersten wären.
Wie viele Leute arbeiten in der Kostümabteilung?
Derzeit sind wir 25 Leute. Über den ganzen Sommer gesehen wird das Team inklusive Praktikanten auf 32 Kolleginnen und Kollegen anwachsen. Dazu zählen das Atelier, die Produktionsleitungen, Kostümassistenten und – ganz wichtig – der Garderobendienst. Das sind diejenigen, die am Abend die Vorstellungen fahren, also nicht zuletzt den Künstlern beim raschen Umziehen helfen. Da fallen die großen Entfernungen auf der Seebühne besonders ins Gewicht.
Worauf kommt es bei Kostümen für Produktionen auf der Seebühne an?
Die größte Herausforderung besteht darin, dass man dem Wetter ausgesetzt ist. Auf der Bühne mit ihrem Betonkern, der sich aufheizt, haben wir zudem fast die Situation wie in einer Großstadt. Durch die Feuchtigkeit kommen auch Spinnen, Mücken und Käfer ins Spiel, die alle sehr unangenehm für das Kostüm sind. So oder so müssen wir ein nasses Kostüm am Ende der Vorstellung bis zum nächsten Tag wieder trocken kriegen. Es in die Waschmaschine oder in den Trockner zu stecken, geht nicht. Also helfen wir uns mit alten Tricks.
Welche Tricks sind das?
Wir sprühen die Kostüme mit Wodka ein, da er den Schweiß aus den Kleidern zieht. Wenn es sich ausgeht, stellen wir sie am nächsten Tag in die Sonne. Sie zieht ebenso Gerüche aus dem Stoff. In jedem Fall müssen 130 Kostüme bis zum nächsten Abend wieder trocken und einsatzfähig sein. Besonders wichtig ist das bei den Akrobaten, die bei jeder Vorstellung zwei bis drei verschiedene Kostüme benötigen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit einer Kostümbildnerin wie zum Beispiel Kathi Maurer bei Rigoletto?
Wir sind dafür da, die Vorstellungen der Kostümbildner umzusetzen. Es soll im besten Fall in der Kostümabteilung nichts geben, was nicht hergestellt werden kann. Circa anderthalb Jahre vor der Premiere gibt ein Kostümbildner Zeichnungen für jede einzelne Rolle ab. Je genauer diese sind, desto einfacher ist unsere Arbeit.
(tb)