Stand: 09.8.2021, 12.00 Uhr
APA
„Vor dem Würstelstand sind alle Menschen gleich. Menschen aus allen Schichten treffen sich dort, einer zufällig gemachten Begegnung wird das Innerste präsentiert - anschließend entschwinden sie wieder in die Anonymität des Lebens. Die Nacht oder die kurze Verweildauer am Imbiss führen dazu, dass dieser Ort zum Ankerplatz der verwundeten Herzen wird. Autor Bernhard Studlar lebt in Wien und kennt das. In "Lohn der Nacht" begegnen sich die an Lebensweisheiten reiche Betreiberin des Würstelstands (Lilly Prohaska), eine selbstzweifelnde Sängerin und Mutter (Zeynep Buyrac) und ihre Kinderfrau (Lara Sienczak). Ebenfalls mit von der Partie sind ein Fußballprofi (Luka Vlazkovic), der durch seine schnelle Fahrweise den Tod eines Menschen auf dem Gewissen hat, der einsame Vater des Unfallopfers (Markus Thill) und ein korrekter Polizist (Till Frühwald), der sich bestechen lässt. […]
Das Ensemble wirkt kompakt und sehr gut eingespielt. Verstärkt wird der Eindruck auch durch die Kostüme. Ausstatterin Eugenia Leis lässt das Ensemble phasenweise als Team auftreten mit Trainingsjacken oder entsprechenden Streifen, die sich in den verschiedenen Kostümen wiederfinden. […]
Das Publikum quittierte das Spiel nach rund 100 Minuten mit langem Applaus."
nachtkritik.de
„“Wir treffen uns in den Zwischenräumen. Dort, wo keiner von uns hingehört, schütten wir unsere Herzen aus": Dieses Motto stellt der Wiener Autor seiner gesellschaftskritischen Komödie mit mittlerem Tiefgang und einer ganzen Menge origineller Ideen voran, aus deren Sätzen und – ja: Zwischenräumen – Jana Vetten im Verbund mit Öğünç Kardelen (Musik) eine feine Musikalität herauskitzelt. […]
Denn wenn der Lohn der Nacht der Morgen danach ist, die Chance zum Neuanfang, nachdem die Straßenreinigung Tabula rasa gemacht hat, dann ist die Nacht selbst das Versprechen auf diese Chance. Und auch wenn keiner der handelnden Charaktere seine Chance besonders gut nutzt, erlebt man keinen bitteren, sondern einen fast fröhlichen Abend in Bregenz. Das liegt an dem Spielcharakter, den das sich zwischen einer Art Turngerüst und einer umgeknickten Straßenlaterne entfaltende Geschehen stets behält. Die mehrheitlich in Sportkleidung steckenden Schauspieler steigen leichtfüßig ein- und aus, werden den anderen bald zu Sparringspartnern, bald zu Beobachtern, oder bilden auch mal einen Pulk, der dem erpresserischen Mäzen Ketchup auf den Kopf tropfen lässt. […]
Das Gefühl der Leichtigkeit entsteht aber auch durch das exakte Timing des Abends und das Rhythmusgefühl, das hier fast alle haben. Till Frühwald ist als Polizist, aber vor allem als "Das Bier" mit Dosen am Kopf und fliederfarbenem Tüll um die Hüften um keine Peinlichkeit verlegen. Luka Vlatkovic lässt es als prollig-neureich-gripsfreier Fußballprofi komödiantisch ordentlich krachen, ohne seine Figur je ganz an die Karikatur zu verraten.“
Neue Vorarlberger Tageszeitung
„Wie ein gut geöltes Zahnwerk funktioniert das Ensemble. In der Inszenierung von Jana Vetten sind die Darsteller auch immer wieder als Kollektiv tätig, was die ganze Sache sehr bereichert. Doch auch die Einzelperformances begeistern: Buyrac ist genau die Richtige für die Diva, Vlatkovic sorgt für viele witzige Momente, Frühwald zeigt sich vielseitig, Sienczak versorgt das Publikum mit jugendlicher Spritzigkeit, und Prohaska spielt Carla sehr souverän und glaubwürdig. Studlar bringt sie alle in klug gestalteten Szenen unter, seine Sprache ist spielerisch, intelligent und humorvoll.“
Der Westallgäuer
„Regisseurin Jana Vetten arbeitet die speziellen Qualitäten des bunten Personals von „Lohn der Nacht“ mit ihrem grandiosen Ensemble wunderbar heraus. Die schlichte Bühne – außer dem auch als Brücke brauchbaren Wüstelstand gibt es kaum Requisiten – lässt viel Raum für Bewegung und Komik. Und sie gibt dem Publikum die Möglichkeit, städtische Szenerien so im Kopf entstehen zu lassen, wie sie die Darstellerinnen und Darsteller während des Spiels kommentierend beschreiben. [...]
Mit ihrer Inszenierung trifft Vetten genau den richtigen Ton für Studlars schnörkelloser Sprache zwischen Melancholie und Originalität, die bei aller Direktheit immer den Menschenfreund erkennen lässt.“
Vorarlberger Nachrichten
„Der "Lohn der Nacht ist der nächste Tag mit all seinen Wundern und Wunden", lässt uns Studlar wissen. Seine Nachtarbeiter, die zum Großteil keiner Nachtschwärmerei nachgehen können, weil ihnen das Leben keine Pausen gönnt, haben rund um einem Würstelstand Begegnungen erlebt, an denen sie sich nicht nur reiben, sondern auch ein kleines bisschen reifen können. […]
Die Qualität des Stücks zeigt sich weniger in der philosophierenden Würstelstandbetreiberin oder im Kampf, den ein Vater nach dem Unfalltod des Sohnes mit sich austrägt, sie zeigt sich in der Schärfe, die diese Dialoge immer wieder haben.“
Kultur. Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft (online)
„Flockig leicht inszeniert Regisseurin Jana Vetten die kleinen und großen Geschichten dieser Menschen, die mir ganz persönlich und jeder/m Einzelne/n, im Laufe des Abends so richtig ans Herz gewachsen sind. […]
Luka Vlatković bringt ein gutes Maß an Humor auf die Bühne. Sein Mimo, ein Fußballprofi, ausgestattet mit einer riesigen Portion Eitelkeit und Bauernschläue, schwadroniert und plappert sich durch die Nacht. Besonders „der Kommissar“ wird so richtig von ihm eingekocht [...] Till Frühwald überzeugt als Polizist und Mensch mit Wünschen und Träumen, mit Enttäuschungen und kleinem Glück. Herrlich komisch auch seine Darstellung der Gestaltwerdung einer Bierdose und seines berauschenden Inhalts als Freund und Begleiter eines Mannes, der „Kopf“ genannt wird und der, nach einem schmerzlichen Verlust, sein Leben beenden will. Als „Kopf“ wie auch in der Rolle des Mäzens, der meint, dass alles, wirklich alles mit Geld zu kaufen sei, überzeugt Marcus Thill mit großer Souveränität im Wechsel der Figuren und in deren Spiel. […]
Ein äußerst wichtiges Element des Theaterabends ist da auch noch die Musik, die durch die Nacht trägt, ein bestimmender Rhythmus, spürbar wie ein Herzschlag, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Verantwortlich für die Musik zeichnet Öğünç Kardelen.
„Lohn der Nacht“ ist ein Stück, das man sich gerne öfters ansehen möchte, um jedes Mal wieder Neues zu entdecken. Gut, dass es nach den drei Aufführungen im Rahmen der Bregenzer Festspiele im September nochmals eine Serie von Vorstellungen geben wird.“