Bregenz, 23.6.23. Die japanische Geisha Cio-Cio San, genannt Butterfly, kehrt auf die Seebühne der Bregenzer Festspiele zurück. 26 Aufführungen stehen diese Saison am Programm. Eine Aufführung der Puccini-Oper dauert rund zwei Stunden – und trotzdem ist der angelaufene Probenbetrieb eine 24-Stunden-Unternehmung.
Diese Woche haben die künstlerischen Proben für die Wiederaufnahme des Spiels auf dem See Madame Butterfly auf der Seebühne begonnen. Fernsehstationen und Zeitungen haben Dienstagmittag Kameraleute und Fotograf:innen zum offiziellen Fototermin geschickt. Es ist schwül, das Licht gleißend. Die einzigen auf der riesigen Seebühne sind im Moment Barno Ismatullaeva als eine von drei Cio-Cio-Sans, die 2023 abwechselnd die Titelpartie singen werden, Annalisa Stroppa als ihre Dienerin Suzuki und Taylan Reinhard als umtriebiger Heiratsvermittler Goro. Bis Regisseur Andreas Homoki abbricht und über einen schwankenden Ponton von der Tribüne aus auf die Seebühne hinübereilt und korrigierende Anweisungen erteilt. Es geht um den 2. Akt. Die drei Sänger:innen tragen das Probenkostüm, Annalisa Stroppa auch Knieschoner. Denn sie wird sich auf den rauen Bühnenboden fallen lassen, um die Götter anzuflehen: Pinkerton, dieser windige US-amerikanische Leutnant, möge endlich zu seiner angetrauten Butterfly zurückkehren!
In der prallen Mittagssonne wirkt die Szenerie noch unwirklich und die drei Künstler:innen verlieren sich im vermeintlichen Nichts des Bühnenbilds. Es ist so völlig anders als abends, wenn die Vorstellung beginnt. Wenn Scheinwerfer und Videoprojektoren den Zauber und die Dramatik der Kulisse hervorrufen. Wenn nicht nur, wie jetzt, ein Klavier die Sänger:innen leitet, sondern die Wiener Symphoniker die Musik tragen.
Die Seeproduktion der Bregenzer Festspiele ist ein großes Unterfangen, das aus unzähligen Puzzleteilen für zwei Stunden immer wieder neu zusammengesetzt werden muss. Zeitgleich mit Barno Ismatullaeva, Annalisa Stroppa und Taylan Reinhard probt auf der Werkstattbühne eine andere Gesangsbesetzung den 1. Akt von Madame Butterfly. Dann sind dort erstmals die Tänzer:innen an der Reihe, bevor sie am Abend von der Werkstattbühne auf die Seebühne wechseln. Im Festspielhaus stehen derweil Kostüm- und Maskenanproben auf dem Programm.
Techniker:innen der unterschiedlichsten Disziplinen sind für die Seebühne rund um die Uhr am Werk. Rund um die Uhr, das ist keine Phrase. Vor und nach den szenischen Proben werden bestimmte Parameter fixiert – „TE“ für Technische Einstellungen. Von 22 bis 6 Uhr wird an der Beleuchtung der Seebühne gefeilt, um 6 Uhr kommen die Akustiker:innen zum Zug, denn die Soundeinstellungen sollen passen, bis um 10.30 Uhr alles wieder mit den szenischen Proben auf der Seebühne von vorne beginnt. Bis etwa eine Woche vor der Eröffnung der Bregenzer Festspiele Mitte Juli folgen die Tagespläne für Cast und Mitarbeiter:innen in etwa diesem Schema.
Es sind höchstens einige Flanierende, die diese Woche ein ganz wenig hören oder aus einem spitzen Winkel heraus einen Ausschnitt erhaschen. Theater und erst recht Musiktheater in einem Rahmen wie die Bregenzer Festspiele, das ist Magie und Illusion. Die Besucher:innen sollen vom Aufwand, der dahintersteckt, möglichst nichts mitbekommen. Doch den Einheimischen und den Spaziergänger:innen am See signalisiert und bestätigt das aktuelle Wetter, was jedes Jahr mit dem Probebeginn auf der Seebühne einher geht: Der Sommer ist da!
Fotos zum Probenbeginn finden Sie hier.
Die Bregenzer Festspiele 2023 finden von 19. Juli bis 20. August statt. Tickets und Infos unter www.bregenzerfestspiele.com und Telefon 0043 5574 4076.
(ami)