Bregenz, 19.7.19. Der Tag der Wiener Symphoniker, die feierliche Eröffnung, zwei Premieren – die Bregenzer Festspiele sind erfolgreich in die 74. Saison gestartet. Die ersten Kritiken von Rigoletto als Spiel auf dem See und Don Quichotte als Oper im Festspielhaus fielen zum sehr großen Teil sehr positiv aus. International große Beachtung fanden auch die mahnenden Worte des österreichischen Bundespräsidenten Alexander van der Bellen, der in seiner Eröffnungsrede die Politikerkollegen vor Selbstüberhöhung und Machtmissbrauch warnte.
Die größte Anspannung hat sich nach der umjubelten Premiere von Rigoletto auf der Seebühne am Mittwochabend gelegt. Das Wetter spielte ideal mit – ein gutes Omen für das oft etwas abergläubische Theatervolk. Doch nach der Premiere ist vor der Premiere. Nach Jules Massenets Oper Don Quichotte am gestrigen Donnerstag steht der Ritter von der traurigen Gestalt am Sonntag als Schauspiel Don Quijote (von Jakob Nolte, in der Übersetzung von Susanne Lange) in einer Koproduktion mit dem Deutscher Theater Berlin auf dem Programm. Ebenfalls am Sonntag präsentiert Kunstpfeifer Nikolaus Habjan sein neues Programm „Luftkunst“ und knüpft im Rahmen der Reihe Musik & Poesie bei Rigoletto an.
Kulturminister Alexander Schallenberg verglich in seiner Eröffnungsrede die Festspiele mit einer Oase, „die uns Gäste und Zuschauer einlädt, ein wenig zu rasten und auszusteigen aus dem Lärm und dem Trubel des Alltags“. Zugleich seien „solche Festspiele immer auch ein Ort der Selbstvergewisserung, der Selbstvergewisserung, dass es auf diesem Kontinent etwas Gemeinsames, etwas Verbindendes gibt. Nämlich die Kunst.“
Bei Rigoletto beginnt sie bereits vor der eigentlichen Aufführung. Erstmals bei einem Spiel auf dem See und passend zum Thema Zirkusfest, boten Akrobaten und Sänger auf dem Vorplatz ihre Kunst dar und ziehen quasi gemeinsam mit dem Publikum in den Festspielbereich ein.
Die Premierenkritiker sind durchwegs angetan: „Ein Auftakt nach Maß“, heißt es beispielsweise beim Bayerischen Rundfunk, und die Austria Presse Agentur schreibt: „Mit einem gigantischen Haupt als zentralem Bühnenelement überzeugt der Rigoletto als Auftaktpremiere des Festivals am heutigen Mittwoch uneingeschränkt.“ Regisseur Philipp Stölzl sei mit seiner Inszenierung des Verdi-Klassikers „das fraglos größte Spektakel am See seit Jahren gelungen.“ Trotz spektakulärem Outfit, so der Kritiker von 3Sat, verzichte die Aufführung „aber nicht auf intim berührende Momente“. Höchstes Lob gab es auch von der wichtigsten Nachrichtensendung Deutschlands, der „Tagesschau“: „Eine fantastische Ausstattung der großen Bühne am Bodensee, dazu die großartige Kulisse. Die Bregenzer Festspiele gelten als ein Aushängeschild Österreichs.“
Die rund 7.000 Premierenbesucher quittierten den ersten von 27 Rigolettos mit langanhaltendem Applaus und „Bravo!“-Rufen. Erschöpft, aber mit jedem Grund zufrieden und glücklich zu sein, genossen Künstler und der gesamte technische Stab die anschließende Premierenfeier. Intendantin Elisabeth Sobotka sparte nicht mit Dank und Lob für ihr Team: „Es hat alles geklappt, es war ein wunderbarer und großer Opernabend“.
Die Rigoletto-Aufführungen sind ausverkauft. Wer keine Karten mehr bekommen hat, hat heute Freitag die Gelegenheit, live auf ORF 2 und SF2 dabei zu sein. ZDF und 3Sat wiederholen am Sonntag bzw. am 10. August. Das Opernereignis wird dieses Jahr sogar in 73 englischen Kinos zu sehen sein.
Zum Eröffnungsreigen der Bregenzer Festspiele gehörte Donnerstagnachmittag auch die traditionelle Ausfahrt mit dem Jugendstil-Schaufelraddampfer „Hohentwiel“ für Ehrengäste mit Bundespräsident Alexander van der Bellen an der Spitze. Die „Hohentwiel“ steht in einem Package mit oder ohne Festspielkarte übrigens jedermann offen und legt an allen Aufführungstagen direkt an der Seebühne an. Mit Aperitif, Amuse Gueule und 3-Gänge-Menü ist dies ohne Zweifel die schönste und stilvollste Art der Anreise zu Rigoletto.
Mit Rigoletto und Jules Massenets Don Quichotte feiern die Bregenzer Festspiele auch die Suche nach Wahrheit und den Respekt vor dem Nächsten, erklärte Kulturminister Alexander Schallenberg. Bundespräsident Alexander van der Bellen sprach darauf folgend das Ibiza-Video und seine Auswirkungen dann direkt an. Beim Begriff Machtmissbrauch, wenn auch mit unterschiedlichen Vorzeichen, schließt sich der Kreis mit der Seeproduktion. War es auf Ibiza politischer Größenwahn, ist auf der Seebühne die Selbstherrlichkeit des Herzogs das, was aktuell mit dem Hashtag #metoo angeprangert wird. Das ZDF heute journal brachte es nach der Premiere auf den Punkt: Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzls „zieht Verdis Rigoletto in die Gegenwart“.
(ami)