Yuval Sharon inszeniert "Die Ausflüge des Herrn Brouček" - Festspiele gehen "mit Schwung" in erste Saison der neuen Intendantin Lilli Paasikivi, müssen aber trotz Rekord Rücklagen anzapfen.
Wien/Bregenz (APA) - Das Buffet wird bereits angerichtet. Das Programm der 79. Bregenzer Festspiele sei "wie ein schönes, hoch qualitatives Buffet für unser Publikum", meinte die neue Intendantin Lilli Paasikivi am Dienstag bei einem Medientermin in Wien. Die Proben für die Hausoper "Oedipe" beginnen nächste Woche, jene am See für die "Freischütz"-Wiederaufnahme eine Woche später. Neues gibt es für nächstes Jahr: "Die Ausflüge des Herrn Brouček" von Leoš Janáček wird die Oper im Festspielhaus.
"Wir alle scharren mit den Füßen", versicherte Festspielpräsident Hans-Peter Metzler. "Wir sind wahnsinnig positiv eingestellt und guter Dinge. Wir stehen fantastisch da. Wir hatten im vergangenen Jahr eine außergewöhnliche erfolgreiche Saison mit einem Einnahmerekord. Mit diesem Schwung gehen wir in die neue Saison." Diese wird auf der Seebühne, wo 2024 28 Vorstellungen angesetzt waren, nach dem Ansetzen einer Zusatzvorstellung heuer 27 Aufführungen mit rund 192.000 Tickets umfassen. "Dabei bleibt es auch. Ich möchte es nicht überreizen", sagte der kaufmännische Direktor Michael Diem auf APA-Nachfrage. Trotz des Besucherrekordes müsse man Rücklagen, die in den vergangenen Jahren erwirtschaftet wurden, anzapfen. "Kaufmännisch kann es derzeit nicht positiv dargestellt werden." Anpassungen bei den Kartenpreisen müssten sehr gut überlegt werden, vor allem hoffe man aber auf Effizienzerhöhung bei Vorbereitungen und Abläufen durch den Abschluss der dritten Sanierungs- und Ausbaustufe im Festspielhaus. Die kommende Festspielsaison werde "der erste Sommer seit Jahren ganz ohne Baustelle", hieß es.
"Schreibtisch mit Seeblick"
Die neue künstlerische Chefin, die am 1. Oktober 2024 ihren "Schreibtisch mit Seeblick" bezogen hat, schwärmte von der "wunderschönen Stadt" und der große Bedeutung der Festspiele für die in Bregenz und Vorarlberg lebenden Menschen. "Für viele Mitarbeiter, die schon seit Jahrzehnten eine Beziehung zu den Festspielen haben, ist es nicht nur Arbeit, sondern ein Lebensstil." Während sie "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber in der Inszenierung von Philipp Stölzl von ihrer Vorgängerin Elisabeth Sobotka übernommen hat, ist die 1936 uraufgeführte Oper "Oedipe" des rumänischen Nationalkomponisten George Enescu, mit der die Festspiele am 16. Juli künstlerisch eröffnet werden, ihre eigene Wahl. Die Partitur sei "ganz fantastisch", es handle sich um "die tollste Art von Musiktheater", schwärmte Paasikivi.
"So archaisch und so karg wie möglich"
"Ich freue mich unglaublich darauf, endlich mit den Proben anfangen zu können, auf der anderen Seite habe ich auch Angst", meinte Regisseur Andreas Kriegenburg. "Es ist eine der dunkelsten, bösesten, grausamsten Opern, die ich bisher gemacht habe, fast nicht zu ertragen." In der (vermeintlichen) Schicksalhaftigkeit der Geschehnisse sieht er Parallelen zu heute: "Wir steuern unaufhaltsam auf eine Katastrophe zu und fragen uns: Wo gibt es noch die Möglichkeit, rechtzeitig abzubiegen?" Er werde versuchen, "die Geschichte so archaisch und so karg wie möglich zu erzählen". Im Festspielhaus werde das besser gelingen als auf der Seebühne, wo die Notwendigkeit, "ein ausverkauftes Spektakel" zu bieten, Druck erzeuge. Freilich würde ihn aber auch die ganz große Bühne reizen, gab er schmunzelnd schon mal in aller Öffentlichkeit seine Bewerbung ab. Da ist er aber offenbar nicht der Einzige. Die Seebühne biete zwar, was die notwendige Breitenwirkung und Ästhetik angehe, nur eine begrenzte Auswahl an möglichen Werken, sei aber ein "Traumprojekt für viele Regisseure und Bühnenbildner", sagte Paasikivi und berichtete von "sehr schönen Telefonaten" mit dafür in Frage kommenden Künstlerinnen und Künstlern.
Zum weiteren Festspielprogramm dieses Jahres zählen die Erstaufführungen von "Borrowed Light" des finnischen Choreografen Tero Saarinen und "Study for Life" der finnischen Komponistin Kaija Saariaho. Ein wenig wolle sie schon ihre "nordische DNA" präsentieren, meinte die neue Intendantin lachend und freute sich auch darüber, dass das Burgtheater mit der Uraufführung "bumm tschak oder der letzte henker" von Ferdinand Schmalz eine Premiere in Bregenz herausbringe, ehe die Produktion in Wien gezeigt wird.
Der Mond als Schauplatz
Im 80. Festspielsommer gibt es erstmals Verdis "La Traviata" auf der Seebühne. Für die Regie wird Damiano Michieletto verantwortlich zeichnen, das Bühnenbild stammt von Paolo Fantin. Premiere ist am 22. Juli 2026. Einen Tag später wird der US-amerikanische Regisseur Yuval Sharon "Die Ausflüge des Herrn Brouček" von Leoš Janáček im Festspielhaus herausbringen. Bühnenbild und Kostüme verantwortet der Brite Jon Bausor, die musikalische Leitung liegt beim tschechischen Dirigenten Robert Jindra. Es spielen die Wiener Symphoniker. Die 1920 uraufgeführte "Satire auf bürgerliche Selbstzufriedenheit, moralische Bequemlichkeit und die ewige menschliche Unfähigkeit, aus der Geschichte zu lernen" (Festspiele), schleudert den sich eigentlich in den eigenen vier Wänden verkriechenden Titelhelden nicht nur ins Prag des 15. Jahrhunderts, sondern auch auf einen Schauplatz, den es in der 80-jährigen Geschichte der Bregenzer Festspiele möglicherweise noch nie gab: auf den Mond.
whl/maf
Die Bregenzer Festspiele 2025 finden vom 16. Juli bis 17. August statt. Tickets und Infos unter www.bregenzerfestspiele.com und Telefon 0043 5574 4076.