Bregenz, 2.8.19. Bei den Orchesterkonzerten der Wiener Symphoniker präsentiert Chefdirigent Philippe Jordan an zwei aufeinanderfolgenden Tagen alle vier Symphonien von Johannes Brahms. Kommenden Sonntag um 11.00 Uhr erklingen die ersten beiden Werke, am Montag um 19.30 Uhr folgen die dritte und die vierte Symphonie als brillantes Finale.
Jede Symphonie hat ein eigenes Gesicht: Die erste zeichnet den Weg von düsterem Moll zu hymnischem Dur ähnlich wie Beethovens „Schicksalssymphonie“, die zweite ist als blühende „Pastorale“ zu deuten. Die dritte Symphonie trägt erhabene Züge, die vierte wird durch einen romantischen Geist belebt. Wer neugierig geworden ist, kann sich für das Konzert am Montagabend hier Tickets sichern.
Symphonie Nr. 1 und 2: Auf Schwere folgt Leichtigkeit
Über 14 Jahre lang arbeitete Komponist Johannes Brahms an der ersten Symphonie in c-Moll, die den Schatten des übermächtigen Vorbildes Ludwig van Beethoven erkennen lässt. Die spürbare Schwere, die besonders zu Beginn in den gleichmäßigen Paukenschlägen ertönt, scheint in der zweiten Symphonie von ihm abgefallen zu sein. In der idyllischen Umgebung des Wörthersees entstanden, drückt dieses Werk eine versöhnliche Leichtigkeit aus.
Symphonie Nr. 3 und 4: Naturhafte Klänge und humorvoller Schwung
Ebenfalls im Sommer entstanden, bestimmen naturhafte Klänge auch Brahms’ dritte Symphonie. Sanfte F-Dur-Klänge setzen das Naturthema der zweiten Symphonie fort. "Welch ein Werk… Wie ist man umfangen von dem geheimnisvollen Zauber des Waldlebens!", schrieb Clara Schumann dem Komponisten in einem Brief. Als komplexes musikalisches Gebilde entpuppt sich die vierte Symphonie, deren vierter Satz einen völlig neuartigen Stil aufweist: Die vielschichtige Form besteht in der Wiederholung und Variation des Hauptthemas.
Höhepunkt mit romantischem Geist
Zu Brahms‘ Neuerungen gehören die dritten Sätze, die nicht Beethovens Scherzo-Typ folgen. In den beiden ersten Symphonien sind sie graziös gestaltet, in der dritten melancholisch und in der vierten als humorvoller Geschwindmarsch in brillanter Instrumentation. Höhepunkt ist das Finale der Symphonie Nr. 4 in e-Moll, in dem die barocke Variationsform der Passacaglia mit romantischem Geist belebt wird. Archaische Wendungen beweisen, dass Brahms seine „absolute“ Musik über die Grenzen der Zeit verstand.
(sk/FZ/oas)