Bregenzer Festspiele
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Interview mit einem Terrakottakrieger

Wie lebt es sich als Terrakottakrieger im Dauereinsatz bei den Festspielen? Wie sieht der Arbeitsalltag auf der Seebühne aus, wo liegen die Tücken, wo die Höhepunkte? In einem seltenen Interview

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Wie lange arbeitest du schon auf der Seebühne?

Angefangen hab ich hier vergangene Saison. Uns Luftkrieger hat man ja alle extra aus Berlin her chauffiert, die Wasserkrieger hingegen stammen aus Rumänien. Ich kann mich noch gut an die Anfangszeit erinnern – alles war neu und aufregend! Mit dieser Rolle ist für mich wirklich ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Manchmal kommt es mir immer noch ganz unwirklich vor, auf der Seebühne zu stehen. Von so einem Karrieresprung können die meisten Krieger nur träumen!

Das Schwierigste bei deiner Arbeit?

Ganz leicht fällt es mir nicht, immer Haltung zu bewahren. Das ganze Operntamtam, die LED-Spots und dann erst diese 500-Watt-Scheinwerfer! Da kann man schon mal ins Schwitzen kommen. Aber natürlich darf ich nie die Miene verziehen, sonst gibt’s gleich eine Standpauke vom Chef … Das ist schon eine Herausforderung!

Und dann erfordert es natürlich großes schauspielerisches Können, sich als Stahl-und-Kunststoff-Krieger überzeugend in die Terrakotta-Rolle hineinzuversetzen. Aber man lernt mit der Arbeit. Und ich darf mich ja eigentlich nicht beschweren – den richtigen Knochenjob haben die Beton-Kollegen unten im See. Denen steht das Wasser oft bis zum Hals, und von den Algen und Muscheln will ich gar nicht erst anfangen … Und was für ein Retuschier-Aufwand, die Wasserstände immer wieder nachzumalen! Da sind wir Luftkrieger schon unkomplizierter.

Würdest du dich als guten Schwimmer bezeichnen?

Das ist mir jetzt etwas unangenehm, aber ich muss gestehen: Lange würde ich mich mit meinem 15-Kilo-Stahlunterbau wohl nicht über Wasser halten ... Andererseits gebe ich – nichts für ungut – immer noch einen graziöseren Schwimmer ab als die rumänischen 500-Kilo-Kameraden!

Was motiviert dich?

Der Applaus am Schluss ist jede Mühe wert!

Was schätzt du bei den Festspielen besonders?

Was soll ich sagen, es ist einfach ein inspirierendes Umfeld. Wir haben ein tolles Team – das ist ja nicht selbstverständlich, dass man gleich auf Anhieb mit allen 143 Luftkrieger-Kollegen auf einer Wellenlänge ist. Aber wir sind hier wirklich aus demselben Polycarbonat geschnitzt (lacht).

Und dann erst diese kreative Energie! Gerade gestern bin ich auf der Hinterbühne mit dem geköpften Prinzen-Dummy von Turandot ins Gespräch gekommen – echt ein faszinierender Bursche! Wo trifft man denn sonst schon solche talentierten Leute …?

11 der 24 Turandot-Vorstellungen sind bereits über die Bühne gegangen – schon Pläne für die Zeit nach den Festspielen? Was sind deine weiteren beruflichen Ziele?

Ganz unter uns gesagt – ich spiele gerade mit dem Gedanken, ein Sabbatical einzulegen. Die ganze Seebühnenarbeit, schön wie sie ist, bedeutet echt auch einen enormen Stress. Und ich hätte schon Lust, mich wieder mal mit meinen Verwandten zu treffen – die sind gerade auf Terrakotta-Tournee in Ludwigsburg!

Und danach, wer weiß? Keine Frage, so eine Seebühnenrolle öffnet Tür und Tor für weitere Anstellungen. Vielleicht ergeben sich neue Rollenangebote – die Nachfrage ist natürlich sehr groß. Ich hab gehört, dass ein paar meiner Mitarbeiter schon als Türsteher und Exponate für Vorgärten engagiert wurden! Das wär doch mal was …

(mg)

05.08.2016 Terrakottakrieger © Bregenzer Festspiele / Dietmar Mathis

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