Bregenzer Festspiele
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Frisch verliebt zur Geburtsstunde der Festspiele

Bregenz, 6.8.21. Lydia Häfele gehörte zu den Ersten, die Verdis Rigoletto dieses Jahr auf der Bregenzer Seebühne erlebt haben. Und höchstwahrscheinlich war sie an diesem Abend die Einzige im

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Bregenz, 6.8.21. Lydia Häfele gehörte zu den Ersten, die Verdis Rigoletto dieses Jahr auf der Bregenzer Seebühne erlebt haben. Und höchstwahrscheinlich war sie an diesem Abend die Einzige im Publikum, die schon bei der Geburtsstunde der Bregenzer Festspiele 1946 dabei war. Ihr späterer Mann Herbert hatte sie zu Bastien und Bastienne eingeladen. 

Die 95-Jährige begibt sich in ihrem Zuhause in Hohenems auf Zeitreise. Das allererste Spiel auf dem See, da war sie 20. „Für uns war alles unbekannt und neu. Ein Erlebnis!“, strahlt sie und sinniert: „Scho soo lang her!“ Bei Details zur Aufführung lässt sie die Erinnerung im Stich, aber sie kann noch sehr gut nachvollziehen, wie außergewöhnlich diese Festwoche war, so kurz nach dem Krieg.

Festgewand? Hatten sie nicht. „Das hätte man auch nicht kaufen oder machen können, es hat ja keine Stoffe und so gegeben …“ Die „Sonntagskleidung“ musste für den Anlass genügen. Herbert Häfele hatte seinen Anzug auf Bezugsmarken bekommen, das weiß Lydia noch ganz genau: „Weil in der Realschule war er einer von den Kleineren und als er aus dem Krieg heimkam, war er gewachsen und hatte nichts, was ihm gepasst hätte“. Auch dieser beiläufig erzählte Nebenstrang illustriert sehr gut jene Zeit, die noch immer von sehr handfesten Sorgen geprägt war.

Die Geschichte erzählt aber auch vom Hunger nach Kultur. Herbert Häfele, der vor sechs Jahren gestorben ist, kam aus einer musikbegeisterten Familie und liebte Klassik. Was die Karten für Bastien und Bastienne kosteten und ob er schon einen Job und eigenes Geld hatte, weiß Lydia nicht mehr genau. Fest steht: „Das Spiel auf dem See interessiert, obwohl es Mozart war – sein Favorit war Beethoven.“ Die stürmische Musik, die habe auch besser zu ihrem Mann gepasst. „Auf alle Fälle sind wir hingegangen, das hat er bestimmt. So ist es früher gewesen“, sagt sie vielsagend und schmunzelt. „Und noch lang …“

Die Frischverliebten, sie hatten sich im Dezember kennengelernt, waren ein weiteres Mal von Hohenems nach Bregenz mit dem Zug zur Festwoche gefahren – wieder zu Wolfgang Amadeus. Der Programmpunkt hieß: „Festgottesdienst in der Stadtpfarrkirche – Krönungsmesse von Mozart“.

Später haben die Häfeles noch mehrere Male die Bregenzer Festspiele besucht. Carmen und Porgy and Bess fallen Lydia spontan ein und natürlich 1995 Fidelio. Für ihren Mann, mittlerweile ein hoher Finanzbeamter, ein Muss. Herbert Häfele hat leidenschaftlich fotografiert und das getan, was die wenigsten tun: Die Fotos chronologisch in Alben geklebt und penibel mit Informationen versehen. So war es leicht, nach dem Hinweis auf Fidelio unter einem beeindruckenden Stapel das betreffende Album zu finden. Kurzes Blättern … Auf Seite 166 wird sie fündig. Hier sind eine Glückwunsch- und eine Eintrittskarte eingeklebt. Dazu hat Herbert Häfele notiert: „8.8.1995: Als Beethoven-Verehrer hat mich das Geburtstagsgeschenk für die Fidelio-Aufführung bei den Bregenzer Festspielen für 2 Personen am 8.8.95 besonders gefreut. Mit viel Glück (kurzer Regenschauer) konnte die – teils umstrittene – Aufführung durchgespielt werden. Für uns war es ein Erlebnis! “

Eine Zeitung hat damals offensichtlich auch über die erste Festwoche von 1946 berichtet. Herbert Häfele hat den Fidelio-Eintrag im Album mit zwei Zeitungsausschnitten und folgender Erinnerung ergänzt: „Auch beim ersten Spiel auf dem See gehörten wir zu den Besuchern … auf klappbaren Gartensesseln „genossen“ wir damals Bastien u. Bastienne!“ Warum ihr Herbert „genossen“ in Gänsefüßchen setzte, kann Lydia Häfele heute nicht mehr sagen. Gar wegen Mozart? Eher, meint sie, waren die Sessel hart und unbequem.

Für ihr hohes Alter ist Lydia Häfele noch ungemein rüstig. Vor wenigen Tagen hat sie ihr Sohn Winfried zu Rigoletto ausgeführt. „Wunderschönes Wetter!“ Wie hat es Ihnen gefallen? „Gut!“, sagt sie wie aus der Pistole geschossen. Und im Kopf geht sie auf Zeitreise: „Wenn man vergleicht … die Technik, was man jetzt alles machen kann! Verrückt!“

(ami)

05.08.2021 Lydia Häfele Lydia Häfele mit Album
© Bregenzer Festspiele / Arno Miller
05.08.2021 Lydia Häfele Lydia Häfele
© Bregenzer Festspiele / Arno Miller
06.08.2021 Album Häfeles Album der Häfeles
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