Termine
Oft ist der erste Eindruck entscheidend. Was für ein Vorstellungsgespräch gilt, gilt im übertragenen Sinne auch für den Beginn einer Oper: Im Freischütz ist es der reiche Bauer Kilian, der mit dem ersten Solo des Abends ("Schau’ der Herr mich an als König!") den Rahmen des Dramas umreißt. Kilian lässt sich in dieser Szene nicht nur als Schützenkönig feiern; vielmehr kosten er und das halbe Dorf das Versagen des jungen Amtsschreibers Max aus. Max hat wieder nicht getroffen, wodurch in dieser archaischen Welt eine Hochzeit mit der von ihm angebeteten Förstertochter Agathe in weite Ferne rückt. Das bringt Max letztendlich in jene Gewissensnot, die ihn dazu bringt, sich mit dem Teufel einzulassen.
Eine besondere Verantwortung
Eine Aufführung mit der ersten Arie sozusagen "gut ins Go zu bringen", sagt Maximilian Krummen, sei schon eine besondere Verantwortung. Er ist einer der beiden Sänger, die sich in dieser Premierensaison als Kilian auf der Seebühne abwechseln. Es wird zwischen Max und Kilian handgreiflich, verrät er, und sogleich spielt Wasser eine Rolle, was sich durch das ganze Stück in der Inszenierung von Philipp Stölzl ziehen wird. Durchaus körperlich herausfordernd wird dieser Freischütz, weiß Maximilian Krummen, seit vor drei Wochen die Proben begonnen haben. Er kommt mit dem Rad – ohne Strom, wohlgemerkt – und hält sich mit Joggen fit.
Ein Probentag für das Spiel auf dem See kann für die Sänger:innen mitunter ziemlich lang werden – auch wenn ihre Rolle, wie die des Kilian, eine verhältnismäßig kleine ist. Wenn um 10.30 Uhr auf der Seebühne zu den ersten Takten die szenischen Proben beginnen, hat sich Maximilian Krummen vorher schon zehn, fünfzehn Minuten lang eingesungen, sich Requisiten besorgt und das Probenkostüm übergezogen. Um 13.30 Uhr ist für die Sänger:innen zwar vorerst Schluss auf der Seebühne, doch nachmittags folgen Anproben von Maske, Kostüm und andere Abstimmungen, bevor es von 19.00 bis 22.00 Uhr in die zweite Probensession des Tages geht. Aber immerhin: "Die Schlusszeiten sind heilig", sagt Maximilian Krummen. Denn um 22.00 Uhr warten schon die Lichttechniker:innen darauf, bei den Beleuchtungsproben alle Details des Dorfes und der Wolfsschlucht ins rechte Licht setzen zu können: Ein Probentag bei den Bregenzer Festspielen ist streng durchgetaktet.
All das geschieht unter dem Diktat des Wettergottes. Denn bei den Proben am See ist es auch nicht ungewöhnlich, dass es an einem Tag wie aus Kübeln schüttet und am nächsten "Sonnencreme und Sonnenbrille für die Vormittagsprobe unerlässlich sind", berichtet Maximilian Krummen. Mit den Bedingungen am Bodensee ist er bestens vertraut, auch wenn er derzeit am Staatstheater Braunschweig fix engagiert ist. Denn seine Eltern zogen von Fürth nach Radolfzell, als er noch ein Kind war. Bis zu seinem Musikstudium in Köln wuchs Maximilian Krummen am anderen Ende des Bodensees auf. Die Familie hat mit ihm jede der Seeproduktionen der Bregenzer Festspiele besucht. Sie haben auf ihn einen guten Eindruck hinterlassen. Nun schließt sich der Kreis und der junge Bariton ist für den Freischütz zu einem Heimspiel zurückgekehrt.
(ami)