Bregenz, 17.8.18. In normalen Opernhäusern wird von der Seite aus leise angesagt, wann sich die Künstler nach der Vorstellung verbeugen sollen. Diese Möglichkeit gibt es auf der Seebühne nicht. Doch wie gelingt es, dass sich beim Carmen-Schlussapplaus alle 86 Künstlerinnen und Künstler exakt zeitgleich verneigen?
„Ein kluger Mensch hatte hier in Bregenz die Idee, dass jemand den Künstlern ein gut sichtbares Zeichen gibt. Seit sechs Jahren übernehme ich diesen Part“, erzählt Rosita Steinhauser, die seit 33 Spielzeiten bei den Bregenzer Festspielen als Choreographie-Assistentin arbeitet.
Kommunikation über Funk und Monitore
Von ihrem Platz im Regieraum oberhalb der Seetribüne, wo sie die Carmen-Inszenierung verfolgt, geht sie im letzten Duett in den Großen Saal des Festspielhauses, wo die Wiener Symphoniker spielen. Sobald der Dirigent direkt nach Ende der Oper sein Pult verlassen hat, nimmt sie seinen Platz ein: „Wenn auf der Tribüne der Applaus einsetzt, gibt mir der Abendspielleiter über Funk das Signal, wann die Verbeugungen starten sollen.“ Auf den insgesamt 16 für das Publikum unsichtbaren Monitoren, auf denen die Künstler während der Oper den Dirigenten sehen können, erscheint nun Rosita Steinhauser. Als erstes „Achtung“-Zeichen führt sie in einem Halbkreis beide Arme auf Schulterhöhe, die Unterarme im 90-Grad-Winkel nach oben gerichtet. „Das sieht ein bisschen wie bei einem Fluglotsen oder einem Polizisten aus“, sagt sie lachend.
Bewährtes Vorgehen
Auf das Signal „Go“ des Abendspielleiters erfolgt die Verbeugung, die Steinhauser vormacht. Nach einer festgelegten Reihenfolge verneigen sich anschließend die einzelnen Gruppen: Den Anfang machen die Statisten, gefolgt von den Tänzern und Stuntleuten sowie dem Bregenzer Festspielchor. Zum Schluss kommen die Solisten, die von den Stage Managern hinter der Bühne abwechselnd von links und rechts nach vorne geschickt werden. Nach zwei gemeinsamen Verbeugungen aller Beteiligter holt die Carmen-Darstellerin den Dirigenten auf die Seebühne, wiederum eingeleitet durch Rosita Steinhauser – dieses Mal durch eine zur Seite weisende Armbewegung.
Auf das Kommando der früheren Ballett-Tänzerin erhebt sich danach das Orchester, was die Zuschauer auf den zwei großen Publikumsbildschirmen mitverfolgen können. „Je nach Applaus verneigen wir uns noch drei-, viermal. Ganz zum Schluss fange ich an zu winken. Die Künstler machen es nach und wissen damit, dass sie jetzt die Bühne verlassen dürfen.“ Dieses Prozedere habe sich sehr gut bewährt, Hoppalas seien selten: „Manchmal ist ein Sänger oder eine Sängerin nervös und schaut nicht auf mich. Dann sagt man es ihnen und bei der nächsten Vorstellung funktioniert es problemlos.“
(tb)