Bregenz, 24.11.16. Mit einer der weltweit beliebtesten Opern starten die Bregenzer Festspiele am 19. Juli 2017 in ihre 72. Saison: Als Spiel auf dem See zeigt das Sommerfestival an 28 Abenden Georges Bizets Carmen. Tags darauf folgt im Festspielhaus Gioachino Rossinis Oper Moses in Ägypten. Zum Festspielfinale ab Mitte August lädt nicht nur das Opernstudio erneut ins Kornmarkttheater, sondern erblickt auf der Werkstattbühne eine Auftragskomposition das Licht der Opernwelt.
Dazwischen laden symphonische und poetische Konzerte ins Festspielhaus und ins Seestudio. Exotische Oper in ganz anderen Dimensionen gibt’s auf der Werkstattbühne zu erleben, zu bestaunen, zu bewundern. Ein Gastspiel des Berliner Maxim Gorki Theater bringt das Schauspiel zurück ins Festspielprogramm.
Eine Meisterklasse bereits im Februar, weitere Konzerte und das Jugendprogramm crossculture komplettieren den insgesamt 80 Veranstaltungen umfassenden Spielplan 2017. Insgesamt stehen für die bis 20. August dauernde Saison rund 214.000 Tickets zur Verfügung.
Rückkehr nach 25 Jahren
Als das Festival die Oper um leidenschaftliche Liebe und spektakulären Stierkampf das bislang letzte Mal auf der Bregenzer Seebühne zeigte, bescherte sie in den Sommern 1991 und 1992 den damaligen Besucherrekord. Nach 25 Jahren kehrt Carmen nun in einer Neuinszenierung des aus Dänemark stammenden Regisseurs Kasper Holten zurück, der weltweit an den großen Opernhäusern mit seinen Inszenierungen für Aufsehen sorgt und derzeit Intendant am renommierten Royal Opera House Covent Garden in London ist. Das Bühnenbild stammt von Es Devlin, am Pult der Wiener Symphoniker steht Paolo Carignani, Dirigent der Bregenzer Turandot-Inszenierung. Rund 40 Prozent der für 28 Vorstellungen aufgelegten 193.000 Carmen-Tickets sind derzeit gebucht (ohne Generalprobe und crossculture night).
Plagen und Meeresspaltung
Im Festspielhaus gelangt Gioachino Rossinis selten gespielte Oper Moses in Ägypten (Mosè in Egitto) zur Aufführung. Premiere ist am 20. Juli 2017, es folgen zwei weitere Aufführungen. Den biblischen Stoff von Plagen und der Meeresspaltung inszeniert die Niederländerin Lotte de Beer gemeinsam mit dem Theaterkollektiv Hotel Modern, die mit Objekten und Puppen eine eigene Welt entstehen lassen. Die musikalische Leitung liegt bei dem in Spanien geborenen Italiener Enrique Mazzola, der im vergangenen Sommer das dritte Orchesterkonzert dirigierte. Es spielen die Wiener Symphoniker. Mit Christof Hetzer als Ausstatter kehrt der im Sommer 2015 gefeierte Bühnenbildner von Hoffmanns Erzählungen zurück ins Bregenzer Festspielhaus.
Einblicke leuchten den Weg für To the Lighthouse
Im Mai 2014 fanden die ersten Gespräche mit Künstlern statt, bereits ein Jahr später ließ der erste Einblick das Publikum in die Entstehung der Oper blicken, im Sommer 2017 gelangt auf der Werkstattbühne To the Lighthouse zur Uraufführung. Das von Intendantin Elisabeth Sobotka initiierte und in Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus Bregenz realisierte Opernatelier will nicht nur neues Musiktheater schaffen, sondern auch Antworten auf die Frage liefern, „Wie entsteht eine Oper?“. Mit dem Stoff von Virginia Woolfs gleichnamigem Roman beschäftigen sich seit zweieinhalb Jahren Komponist Zesses Seglias sowie Ernst Marianne Binder, der für Libretto und Inszenierung verantwortlich zeichnet. Das Raumkonzept stammt vom dänischen bildenden Künstler Jakob Kolding, der erstmals für eine Theaterbühne arbeitet. Es spielt das Symphonieorchester Vorarlberg unter der Leitung von Claire Levacher. Den Weg bis zur Uraufführung leuchten weitere drei Einblicke, der nächste verkürzt bereits am 28. November die Wartezeit.
Große Winzlinge auf der Werkstattbühne
Eine runde Sache und exotische Oper in völlig anderen Dimensionen gibt’s am ersten Festspielwochenende zu erleben. Richard Wagners auf vier Aufführungstage angelegtes Musiktheater-Epos Der Ring des Nibelungen schrumpft dabei nicht nur auf übersichtliche 90 Minuten Gesamtspielzeit, sondern auch dessen Protagonisten sind im Miniformat auf Tierisch-Wesentliches reduziert – sie werden zu Insekten. Das bereits bei der Oper im Festspielhaus tätige Theaterkollektiv Hotel Modern lässt auf der Werkstattbühne bei Der Ring eine winzige Opernwelt aus Raupen, Schmetterlingen und Grashüpfern entstehen. Kombiniert mit der Livemusik des Niederländischen Bläserensembles sowie durch Livekameras auf Leinwand übertragen, kommen die Kleinen groß raus.
Fantastisch, spanisch, schlagfertig
Auf die Konzertbühne des Großen Saals begeben sich die Wiener Symphoniker an zwei Abenden und an einem Vormittag. Während das erste Orchesterkonzert unter der musikalischen Leitung von Antonio Méndez einen opulenten Bogen spanischer und an Spanien erinnernde Klänge offeriert, widmet sich Chefdirigent Philippe Jordan bei einer Sonntagsmatinee dem wohl bekanntesten Liebespaar der Operngeschichte bei Richard Wagners Siegfried-Idyll und erstem Aufzug von Die Walküre. Fantastisch und schlagfertig wird es beim letzten Konzerttermin: Ernest Guirauds Chasse fantastique und Hector Berlioz' Symphonie fantastique sowie Minas Borboudakis' Cassiopeia für Schlagzeug und Orchester dirigiert Constantinos Carydis.
Neben den beiden Musiktheater-Engagements bei Die Hochzeit des Figaro und To the Lighthouse stellt das Symphonieorchester Vorarlberg am letzten Festspieltag erneut seine Qualität als Konzertensemble unter Beweis. Chefdirigent Gérard Korsten steht bei Olivier Messiaens Un sourire, Wolfgang Amadeus Mozarts Sinfonia concertante Es-Dur und César Francks Symphonie d-Moll am Pult des Vorarlberger Traditionsorchesters.
Schauspiel auch in den Folgejahren
Nach vier Jahren Wartezeit bereichert im Sommer 2017 erstmals wieder eine Schauspielaufführung den Festival-Spielplan: Mit The Situation zeigen die Bregenzer Festspiele das „Stück des Jahres 2016“ im Bregenzer Kornmarkttheater als Gastspiel des in Berlin beheimateten Maxim Gorki Theater. Das Werk stammt von der österreichisch-israelischen Theaterregisseurin Yael Ronen und ihrem Ensemble, dem Schauspielerinnen und Schauspieler aus Israel, Palästina und Syrien angehören. The Situation erzählt von Menschen, die ihre Heimatländer des Nahen Osten verlassen haben und in Berlin aufeinander treffen. Das Stück bildet den Auftakt für eine in den Folgejahren jährlich fortgesetzte Schauspielreihe.
Da-Ponte-Finale am Kornmarkt
Die unter den drei sogenannten Da-Ponte-Opern erstaufgeführte, vollendet im kommenden Sommer den in der Saison 2015 begonnenen Zyklus. Nach Così fan tutte und Don Giovanni gelangt im Kornmarkttheater Die Hochzeit des Figaro von Wolfgang Amadeus Mozart zur Aufführung. Junge Sängerinnen und Sänger treffen zum dritten Geburtstag des Festspiel-Opernstudios auf heiteres Intrigenspiel, erotisches Hasardieren und politischen Sprengstoff. Mit Jörg Lichtenstein kehrt der Regisseur des Opernstudio-Gründungsjahrs zurück. Hartmut Keil dirigiert erneut das Symphonieorchester Vorarlberg. Kooperationspartner ist der internationale Gesangswettbewerb NEUE STIMMEN der Bertelsmann Stiftung.
Die erste Veranstaltung des Sommerfestivals lädt bereits im Winter ins Festspielhaus: Fünf Monate früher als in den vergangenen beiden Jahren kehrt Brigitte Fassbaender an den Bodensee zurück, um die Sängerinnen und Sänger des Opernstudios auf ihre Rollen in Die Hochzeit des Figaro vorzubereiten. Am 5. Februar lässt sich die renommierte und vielfach ausgezeichnete Kammersängerin bei ihrer inspirierenden Arbeit mit den jungen Künstlern über die Schulter blicken.
Musik & Poesie: Gospel und leidenschaftliche Frauen
Musikalisch-poetisch wird es erneut im Seestudio des Festspielhauses sowie zu später Stunde auch auf der Werkstattbühne: Bei einem Musik & Poesie Special spürt Measha Brueggergosman in ihrem dritten Bregenzer Festspielsommer gemeinsam mit Sängerinnen und Sängern des Festspielchors und einer Band ihren afro-amerikanischen Wurzeln nach. Sobald der letzte Ton des dritten Orchesterkonzerts im Großen Saal verhallt ist, erklingen auf der Werkstattbühne ab 22:00 Uhr bei Songs of Freedom Gospel-Klassiker. Darüber hinaus interpretiert die aus Kanada stammende Sopranistin bei einem Auftritt im Seestudio leidenschaftliche und leidende Frauenfiguren der französischen Musik.
Drei Tage nach der Premiere von Moses in Ägypten verwebt das Middle East Peace Ensemble jüdische und arabische Musik mit zeitgenössischen Werken unterschiedlicher Länder. Die Auftaktveranstaltung von Musik & Poesie moderiert Ensemble-Leiter Henrik Goldschmidt. Erstmals betritt im kommenden Sommer Michael Köhlmeier die Bühne der beliebten Reihe. Der Vorarlberger Schriftsteller widmet sich gemeinsam mit der aus Israel stammenden Sängerin Dalia Schaechter dem Propheten Moses, der Religion, dem Monotheismus.
Sommerakademie und Brötchen
Das Kinder- und Jugendprogramm crossculture lädt erneut nicht nur zum Zusehen und Zuhören, sondern auch zum Mitmachen ein. Neben Workshops und einem Instrumentaltheater von Thomas Desi erarbeiten junge Musikerinnen und Musiker unter der Leitung von Martin Kerschbaum ein Blasorchester-Konzertprogramm. Das Konzert im KUB widmet sich im kommenden Jahr der großen Tradition jüdischer Musik. Im Abschlusskonzert der Internationalen Sommerakademie Opus XXI beschäftigen sich junge Musiker und Musikerinnen mit zeitgenössischer Musik, unter anderem von Zesses Seglias und Miroslav Srnka. Die vom Verein der Festspielfreunde und dem ORF Vorarlberg gemeinsam veranstalteten Festspielfrühstücke lassen das Publikum bei Kaffee und Brötchen ausgewählte Künstler wiederum von ihrer persönlichen Seite kennen lernen.
Die Bregenzer Festspiele 2017 finden von 19. Juli bis 20. August statt, Tickets und Informationen unter Telefon 0043 5574 4076 und www.bregenzerfestspiele.com.
(ar)