Bregenz, 22.7.22. Seit 1989 ist Susanna Boehm bei den Bregenzer Festspielen und seit 2017 als Ausstattungsleiterin für Malerei, Kaschur, Kostüme, Requisiten und Maske sämtlicher Produktionen zuständig. Welche Probleme sich bei hauchfeinen Malereien auf einem 1.340 Quadratmeter großen Bühnenbild mit senkrechten Flächen ergeben und wie sie die Langfristigkeit bei einem Projekt wie Madame Butterfly schätzt, erzählt sie im Kurz-Interview.
Was sind bei Madame Butterfly die größten Herausforderungen für dich und dein Team?
Wir haben beispielsweise die Aufgabe, 45 Lautsprecher-Elemente so auf der Bühne unterzubringen, dass sie für das Publikum verschwinden. Dasselbe gilt für 117 Einzel-Elemente, aus denen sich das Bühnenbild – das scheinbare Papierblatt – zusammensetzt. Diese Elemente sind durch die hohe Wetterbelastung großen Spannungen ausgesetzt. Die Kunst besteht darin, die Fugen optisch so zu verschließen, dass nie Risse sichtbar sind.
Wie schaut es mit den Malerei-Arbeiten aus?
Bei Madame Butterfly haben wir es mit großer klassischer Bühnenmalerei zu tun, wie es sie zuletzt bei Tosca gab (Anm. der Red.: in den Saisons 2007/2008). Für die feinen Zeichnungen verwendet man bei der traditionellen japanischen Tuschetechnik einen großen Pinsel, der mit Tusche getränkt ist. So würde auf den senkrechten Flächen der Seebühne die Farbe hinunterrinnen. Außerdem muss man bei uns im Stehen statt klassischerweise im Liegen malen. Also haben wir eine eigene Technik entwickelt und kleine Maler-Rollen eingesetzt, die man aus dem Hausgebrauch kennt – wenn man beispielsweise in einer Wohnung schwer zugängliche Stellen malt. Zum Glück ist uns der Wetter-Gott gnädig gewesen und hat für die nötigen dreieinhalb Wochen die Sonne scheinen lassen.
Wie kann man sich das Zusammenspiel zwischen Bühnenbildner Michael Levine und dir vorstellen?
Im Zusammenspiel geht es mir am Anfang darum, Vertrauen zu gewinnen. Ich arbeite das erste Mal mit Michael Levine und dem Regieteam um Andreas Homoki zusammen. Jeder kommt mit seinen Vorstellungen zur Umsetzung des Bühnenbildes. Da gilt es manchmal, das ganze Parkett der Diplomatie zu bespielen. Aber diese Herausforderung liebe ich (lacht).
Bei deinem breiten Aufgabenbereich musst du das große Ganze im Blick behalten. Wo fängt deine Arbeit an und wo endet sie?
Eine Produktion wie Madame Butterfly beginnt für mich mit dem ersten Designvorschlag des Bühnenbildners. Drei Jahre später endet sie nach der Generalprobe, wenn auch das letzte Requisit passt. Das ist Teil des großen Spaßes hier, über diesen großen Zeitraum einen solchen Prototyp zu entwickeln. Das macht man sonst nirgendwo.
Zusammen mit Lenka Radecky, der Leiterin der Kostümabteilung, bist du auch für die Kostüme zuständig. Ein Teil davon entsteht vor Ort in Bregenz ...
Wir haben eine kleine, aber feine Kostümabteilung bei den Bregenzer Festspielen. Beispielsweise machen wir die Hüte selbst. Alles hier zu produzieren, würde aber den Rahmen sprengen. Daher kommen beispielsweise die Schuhe für die Geishas von einer spezialisierten Mailänder Firma. Gemeinsam haben wir die Modelle entwickelt. Ein anderes Unternehmen aus Mailand stellt bestimmte Stoffe für uns her. Beides sind Sonderanfertigungen: Auf der Seebühne gibt es nichts von der Stange!
Giacomo Puccinis Madame Butterfly ist bis zum 21. August auf der Seebühne zu sehen. Restkarten gibt es noch, vor allem für die letzte Woche.
(tb)