Bregenz, 8.7.2022. Bei der Premiere von Madame Butterfly am 20. Juli wird Barno Ismatullaeva die Titelrolle singen, als Suzuki stehen Annalisa Stroppa, als B.F. Pinkerton Edgaras Montvidas und als Sharpless Brian Mulligan auf der Seebühne. Insgesamt 26 Mal steht Giacomo Puccinis Oper in drei Akten bei den Bregenzer Festspiele in diesem Jahr auf dem Programm. Das ist nur mit Mehrfachbesetzungen zu bewerkstelligen. Wer aber singt wann und wer entscheidet nach welchen Kriterien?
Außergewöhnlich wie das Spiel auf dem See selbst, sind auch bestimmte Notwendigkeiten für das Aushängeschild der Bregenzer Festspiele. Weil in kurzer Zeit sehr viele Aufführungen über die Bühne gehen, sind es bei Madame Butterfly gleich vier große Rollen, die dreifach besetzt werden: Sharpless, Suzuki, B. F. Pinkerton und die der Geisha Cio-Cio-San, genannt Butterfly. „Das sind Partien, die man nicht sechsmal die Woche singen kann und sollte“, erklärt der künstlerische Betriebsdirektor der Bregenzer Festspiele, Michael Csar. „Hinzu kommen die äußeren Bedingungen. Wir spielen ja im Freien, das Wetter kann jeden Abend anders sein; die große, zum Teil steile Bühne mit ihren langen Wegen … das ist alles sehr belastend.“
Auch wenn jeder topfit ist, gegen Krankheit ist niemand gefeit. Es reicht eine Verkühlung, um pausieren zu müssen. Bei einer Dreifachbesetzung der großen und doppelter Besetzung der anderen Partien sitzt das Leading Team ruhiger, wenn es weiß, es ist immer jemand da, der Ausfälle abdeckt. Die Mehrfachbesetzungen sind – bei rund 7000 Besuchern bei einer einzelnen Vorstellung – auch betriebswirtschaftlich sinnvoll, um mögliche Risiken zu reduzieren.
Wenn die einzelne Künstlerin und der einzelne Künstler normalerweise nur alle drei Nächte an der Reihe ist, ergibt sich draus auch ein gewisser Luxus, den sich Bregenz leisten kann: Nach Probenbeginn bleiben rund drei Wochen Zeit herauszufinden, wer mit wem optimal harmoniert. Sowohl musikalisch als auch szenisch. „Es werden alle Konstellationen durchgespielt“, sagt Michael Csar, „wobei es da kein schlechter oder besser gibt. Aber, um ein Beispiel zu nennen, bei einem Liebespaar sollte auch die Chemie zwischen Sängerin und Sänger stimmen.“
Die Entscheidung fällt in sehr enger Abstimmung zwischen Intendantin Elisabeth Sobotka, Michael Csar, dem Dirigenten und dem Regieteam etwa zwei Wochen vor der Premiere. Zu den Kriterien gehört auch die Einschätzung, ob sich jemand auf der riesigen Seebühne bis an den Rand gefordert fühlt oder tiefenentspannt mit der Gesamtsituation zurechtkommt. Das kann das Regieteam aus der Nähe am besten beurteilen. Die Proben zu Madame Butterfly waren sehr herausfordernd: „Die ersten zwei Wochen waren sehr heiß. Nicht nur durch die direkte Sonne hatten alle mit der Hitze zu kämpfen – sie wurde auf diesem übergroßen weißen Blatt Papier als Bühne zusätzlich reflektiert. Mit Gletscherbrillen, Sonnenhüten und diversen anderen schattenstiftenden Utensilien haben wir alle unterstützt so gut es ging,“ schildert Michael Csar die Bedingungen tagsüber. Bei den Proben ab 19 Uhr ging und geht es dann buchstäblich cooler zu. Dann verwandelt sich das noch zuvor blanke Papier auch in die japanischen Welten der Cio-Cio-San, auf die alle schon gespannt sind.
In ihnen bleiben die drei in sich stimmigen Viererteams Sharpless, Suzuki, Pinkerton und Butterfly während der gesamten Festspielsaison zusammen. Wo es möglich ist, versuchen die Bregenzer Festspiele die Protagonisten im Intervall 1, 2, 3 singen zu lassen, also dass jeder jeden dritten Tag an der Reihe ist. Später wird das Muster gedreht, damit jeder auch mal an einem Samstag und Sonntag singt.
Die Bregenzer Festspiele 2022 finden von 20. Juli bis 21. August statt. Tickets und Infos unter www.bregenzerfestspiele.com Telefon 0043 5574 407 6.
(ami)