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Songs for a (Mad) King

König George III. erscheint in P.M. Davies’ Eight Songs for a Mad King und dem exklusiven Werk Farmer George von O.T. Räihälä und T. Florio in zwei Extremen: als von Wahnsinn gezeichneter Monarch und als bescheidener „Farmer George“. Ein fesselndes Doppelporträt von Macht und Wahnsinn.

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© Oliver Look

Tickets sowie alle weiteren Informationen zum 1. Kammermusikkonzert der Bregenzer Festspiele am 19. Juli 2025, einschließlich des Programms, der Aufführungszeiten und weiterer Details, finden Sie hier.

Info

Bilder des 1. Kammermusikkonzertes "Songs for a (Mad) King" finden Sie hier ab dem 20. Juli 2025.

Farmer George, ein neues Werk des finnischen Komponisten Osmo Tapio Räihälä sowie des US-amerikanischen Baritons und Librettisten Thomas Florio, erforscht das frühe Leben von König Georg III. von England – dem berühmten „verrückten König“, der so ikonisch in Peter Maxwell Davies’ Werk Eight Songs for a Mad King (1969) dargestellt wurde. Während Davies’ Werk den König tief in den Fängen seiner Krankheit zeigt, mit nur flüchtigen Momenten der geistigen Klarheit, zeigt Farmer George einen König, der seine geistige Gesundheit noch unter Kontrolle hat – in den Tagen vor seinem endgültigen Abstieg in den Wahnsinn. Er reflektiert über sein Leben, seine Hoffnungen und Träume – mit vollem Bewusstsein dafür, wie sehr er sich bemühte, ein wirklich guter Mensch zu sein, wie viel er gewonnen hat und wie viel er bereits verloren hat – selbst während die Dunkelheit, die ihn letztlich einholen wird, immer näher rückt.

Farmer George wurde bewusst so komponiert, dass es ohne Unterbrechung direkt vor Eight Songs for a Mad King aufgeführt werden kann – beide Werke verschmelzen somit zu einer einzigen Erzählung. Thomas Florio hat Eight Songs im Laufe des letzten Jahrzehnts intensiv in ganz Europa aufgeführt, zuletzt im Louvre mit Klaus Mäkelä und Mitgliedern des Orchestre de Paris. Florio bringt eine einzigartige Perspektive in die Rolle Georgs III. ein: Neben seiner Tätigkeit auf der Bühne ist er auch Therapeut und Coach, spezialisiert auf die Internal Family Systems (IFS)-Therapie. In seiner psychotherapeutischen Arbeit hilft er Klient:innen, ihre inneren Stimmen (innere Kritiker, Beschämer, wütende Stimmen u. a.) wahrzunehmen und Mitgefühl für sie zu entwickeln, um sie letztlich zu heilen. Die Figur Georgs III. in Farmer George und Eight Songs wird von extremen inneren Stimmen bedrängt, und Florios Fähigkeit, diesen inneren Kampf des Königs auf der Bühne zu externalisieren, macht seine Darstellung so eindringlich.

Eight Songs for a Mad King entfaltet eine einzigartige Wirkung in der Aufführung: Es gibt dem Publikum die Möglichkeit, Mitgefühl für eine Figur zu entwickeln, der man unter anderen Umständen vielleicht lieber aus dem Weg gehen würde. Farmer George zeigt den Menschen vor dem Wahnsinn – und hebt ihn damit bewusst auf ein Podest, sodass der unvermeidliche Fall in Eight Songs umso härter trifft.

Die Uraufführung von Farmer George findet am 19. Juli 2025 bei den Bregenzer Festspielen in einer halbszenischen Konzertproduktion ohne Dirigent statt.

Vom Mad King zu Farmer George: Ein neues Monodrama über einen missverstandenen Monarchen 

Sir Peter Maxwell Davies (1934–2016) schuf mit Eight Songs for a Mad King ein Kultstück, dessen Extreme Sänger wie Motten ins Licht ziehen. Es geht hier nicht um Belcanto, sondern um vokale Akrobatik an den Grenzen des Möglichen – Heulen, Glucksen, Röcheln und Schreien. Trotz seiner enormen technischen Anforderungen erscheint das Werk von 1969 immer noch regelmäßig in Konzertprogrammen – ein wahrer Klassiker der Avantgarde. Manche Künstler spezialisieren sich sogar darauf: Der amerikanische Bariton Thomas Florio (geb. 1984), wohnhaft in Berlin, hat den verrückten König immer wieder interpretiert und ist von dessen psychologischer Tiefe und emotionaler Wucht fasziniert.

Eight Songs stellt jedoch ein praktisches Problem dar: Es dauert rund 33 Minuten – nicht genug für ein abendfüllendes Konzert – und lässt sich wegen seines rasenden Charakters schwer mit anderen Werken kombinieren.

Hier kam der Zufall ins Spiel. Beim Kammermusikfestival in Kuhmo im Sommer 2024 wohnten Thomas und ich im selben Privathaus. Unsere Gespräche drehten sich bald um Mad King, und wir begannen zu überlegen, was sich dazu kombinieren ließe. Uns faszinierte die zentrale Figur: König Georg III. von Großbritannien und Irland (1738–1820) – der zwar in seinen letzten Jahren schwer psychisch krank war, aber nicht immer „verrückt“ gewesen ist. Tatsächlich war Georg III. ein neuer Typus Monarch: Er wollte die Ideale eines edlen, tugendhaften Herrschers verkörpern – ein patriotischer König, der das Wohlergehen seines Landes und Volkes über Autokratie, Pracht und Reichtum stellte. Seine Vorgänger waren lärmende und sittenlose Despoten. Georg wurde in diesen Idealen vom 3. Earl of Bute, John Stuart, erzogen, der ihn jedoch kurz nach seinem Regierungsantritt verließ und sich nach Schottland zurückzog – der junge König war weitgehend auf sich allein gestellt.

Georg III. war eine exzentrische Figur. Er war der erste hannoversche König, der hauptsächlich Englisch sprach, und hatte ungewöhnlich bodenständige Interessen: Drechseln, Keramik, Botanik – und vor allem Landwirtschaft. Er schlenderte durch Gemüsegärten und Felder, plauderte mit einfachen Leuten über Anbaufragen. Kein Wunder, dass er den Spitznamen „Farmer George“ erhielt. Obwohl seine Ehe politisch arrangiert war, liebte er Königin Charlotte aufrichtig und – man staune – beteiligte sich aktiv an der Erziehung ihrer 15 Kinder, was damals völlig unüblich war. Der Verlust mehrerer Kinder traf ihn schwer. Der frühe Tod von Prinz Octavius und später seiner jüngsten Tochter Prinzessin Amelia dürften seinen geistigen Verfall beschleunigt haben.

Nur wenige Wochen nach Kuhmo erzählte mir Thomas, dass er eingeladen worden war, Mad King bei den Bregenzer Festspielen im Sommer 2025 aufzuführen. Man hatte ihn gefragt, welches weitere Stück ins Programm passen könnte – und er wollte wissen, ob ein neues Werk trotz engem Zeitrahmen möglich wäre. Natürlich! Ich war so aufgeregt, dass ich kaum stillsitzen konnte. Die Bregenzer Festspiele erklärten sich bereit, das neue Stück in Auftrag zu geben, und ich räumte meinen Kalender komplett frei, um es zu komponieren. Die Uraufführung wurde für Samstag, den 19. Juli 2025 im Seestudio des Bregenzer Festspielhauses angesetzt.

Nächste Frage: Wer schreibt das Libretto? Uns war sofort klar – wir machen das selbst. Und so begann eine intensive Beschäftigung mit dem Leben und der Zeit Georgs III. Thomas entwarf die erste Version, die wir bei einem Workshop im Februar 2025 in Helsinki als Grundlage verwendeten. Wir diskutierten Ideen, Themen, Struktur und Motive. Aus diesen Gesprächen entwickelte Thomas das englischsprachige Libretto weiter, das wir während der Komposition weiter verfeinerten. Seine poetische Kraft und Tiefe sind so beeindruckend, dass es auch als dramatisches Gedicht bestehen könnte.

Das Ergebnis ist ein Monodrama mit dem Titel Farmer George, geschrieben für dieselbe Besetzung wie Mad King: ein Sänger und ein Sextett aus Flöte, Klarinette, Schlagzeug, Klavier/Cembalo, Violine und Cello. Das neue Stück dauert etwas über zwanzig Minuten, zusammen mit Mad King ergibt sich ein intensives einstündiges Programm. Die Komposition Anfang 2025 war zweifellos die intensivste Arbeitsphase meines Lebens – ich war zeitweise in einem Zustand von Hyperfokus: Alles drehte sich um Farmer George – auch im Traum.

Mein Ausgangspunkt für die Komposition war ungewöhnlich. Ich wollte keine musikalische Pastiche des 18. Jahrhunderts schreiben – obwohl ich sowohl Händel als auch William Boyce zitiere, letzterer war „Master of the King’s Musick“ unter Georg III. – aber auch keine neue Form radikaler Avantgarde erfinden. Maxwell Davies in Extremen oder Innovation übertreffen zu wollen, erschien mir sinnlos. Schließlich ist Farmer George geistig noch klar – wenn auch für einen Monarchen selbst in seiner Zeit unkonventionell. Die Musik sollte seine Vernunft, Gelassenheit und Würde widerspiegeln – Eigenschaften, die schließlich auf tiefe Enttäuschung und Verzweiflung treffen. Die Partitur enthält sowohl lyrische Harmonie als auch explosive Ausbrüche – wie das Leben selbst.

Die Wirkung von Farmer George hängt ganz von der Bühnenpräsenz und Intensität des Interpreten ab. Es braucht keine Opernbühnen oder Kostüme – Georgs Kampf ist innerlich und psychologisch. Was bringt ihn letztlich an den Rand des Wahnsinns? Glücklicherweise ist Thomas Florio ideal für diese Aufgabe. Er ist nicht nur ein großartiger Sänger, sondern auch ein herausragender Schauspieler – und kennt das Libretto in- und auswendig. Ich hoffe sehr, dass künftig auch andere Interpreten von Mad King das Werk mit Farmer George kombinieren werden – aber im Moment gilt meine ganze Aufmerksamkeit der bevorstehenden Uraufführung. Ich kann es kaum erwarten!

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