Bregenzer Festspiele
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"Das ist wie ein Boxenstopp beim Autorennen"

Stuntfrau Viva Foster vom Wired Aerial Theatre ist bereits zum vierten Mal in Bregenz. Im "Freischütz" spielt sie viele Rollen - und wechselt entsprechend oft das Kostüm.

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Ein Adler fällt vom Himmel, nach einem Schuss auf die Zielscheibe vor der Mühle raucht es, die Riesenschlange spuckt bedrohlich Feuer und eine Wasserleiche wird innerhalb weniger Minuten zur Brautjungfer. Damit all diese Aktionen während des Freischütz wie am Schnürchen laufen, sind die Abteilungen Requisite, Effekte und Kostüm/Garderobe Tag für Tag schon nachmittags in Einsatz.

Es ist 16 Uhr. Auf der Hinterbühne des halbversunkenen Freischütz-Dorfes ist es noch ruhig. Doch das wird sich bis zum Beginn der Vorstellung um 21 Uhr noch ändern. Denn bis dahin gibt es noch viel zu tun: Spezialeffekte werden vorbereitet, Requisiten eingerichtet und die Kostüme für die Dasteller:innen in die Garderoben gebracht.

Spezial-Handgriffe für Spezial-Effekte
Dominik Heß ist für die Spezialeffekte verantwortlich. Ohne sein Zutun würde das Gewehr in Max’ Hand beim Probeschuss keinen Schuss abfeuern. Aber so würde die Szene nicht wirken und vom Publikum wahrscheinlich als "unrealistisch" bewertet werden. Also sorgt Dominik Heß dafür, dass es am Ende des Gewehrlaufs knallt und an der Einschussstelle Rauch aufsteigt. Seine Arbeit beginnt bereits um 16 Uhr. Dann tauscht er am Baum eine Büchse aus, die verkabelt ist und auf Signal explodiert. Auch am Gewehr zieht er ein Kabel durch den Lauf und aktiviert ein Funkgerät im Schaft. Anschließend tauscht er die Gasflaschen in der Kutsche, im Glockenturm und in der Schlange: Schließlich soll es auf der Bühne während der Wolfsschlucht an all diesen Stellen brennen.

Eine Vorbereitungsarbeit liegt in den Händen des Stuntteams: Am Kirchturm muss in 12 Metern Höhe ein Faden neu verknotet werden, damit das Kreuz auf seiner Spitze am Ende der Oper einknicken kann. Der Trick des Effekte-Teams, um das zu ermöglichen, ist einfach und wirkungsvoll zugleich: Die Flammen brennen den Faden durch. Wenn er reißt, klappt einer der beiden Arme des Kreuzes nach unten. Vor der Vorstellung klettert einer der Stunts, gut gesichert, flink nach oben, "repariert" das Kreuz mit einem einfachen Faden und schon kann der Effekt einen weiteren Abend gezeigt werden.

Alle Tiere auf Position
Zeitgleich beginnt Julia Schultheis von der Requisite mit den Einrichtungsarbeiten. Der Sarg, den Kaspar in die Wolfsschlucht zieht, wird vorbereitet. Denn der Darsteller des Kaspars muss im Dunkeln blind den Totenkopf und den Mörser ertasten und aus dem Sarg ziehen können. Damit es beim Freikugelgießen keine Verzögerungen gibt, wurde die Szene immer wieder angepasst und umgeplant, Positionen verändert, Requisiten hinzugefügt oder wieder entfernt.

In der Szene mit dem Jägerchor weidet Kaspar triumphierend einen erlegten Hirsch aus. Auch diese Requisite wird vorher präpariert: Julia Schultheis stopft am Nachmittag täuschend echt aussehende Eingeweide in den Hirsch und bringt das Tier in die richtige Position.

20 Stunden Trocknungszeit
Nachmittags sind die Garderoben der Sänger:innen und des Stuntteams noch leer, denn Kostüme, Masken und Schuhe befinden sich noch in den Trocknungsräumen. Im Laufe einer Freischütz-Vorstellung werden alle Kostüme nass – manche mehr und manche weniger. Diana Ferri gehört zum sogenannten Garderobendienst. Ihre Aufgabe ist es, innerhalb von 20 Stunden alles wieder trocken zu bekommen. Dafür greift sie auf altbewährte Hilfsmittel zurück. Besonders nasse Kostüme werden schon am Abend geschleudert und in einem speziell beheizten und belüfteten Raum aufgehängt. Hier kommen auch Trocknungsgeräte zum Einsatz, deren Schläuche Elefantenrüsseln ähneln: Sie helfen dabei, die Schuhe auch von innen zu trocknen.

Von der Wasserleiche zur Brautjungfer in vier Minuten
Besonders beeindruckend und derzeit wohl das beliebteste Fotomotiv bei Führungen auf die Hinterbühne ist der Wäscheständer voller Wasserleichenmasken. Jede dieser Maske ist individuell grauenhaft gestaltet – damit im Freischütz keine Wasserleiche der anderen gleicht. Der Garderobendienst legt die Masken vor der Vorstellung den einzelnen Stuntleuten an ihren Platz. Die Stuntleute müssen während der Oper mehrmals ihr Kostüm wechseln: Auch dabei hilft Diana Ferri vom Garderobendienst. In einer perfekt einstudierten „Choreographie“ verwandelt sie eine Stuntfrau in nur vier Minuten von der furchterregenden Wasserleiche in eine bezaubernde Brautjungfer.

All die vielen Handgriffe, die hinter der Bühne notwendig sind, damit das Publikum einen faszinierenden Opernabend erleben kann, sind den Beteiligten während der Proben längst in Fleisch und Blut übergegangen. Wenn die Sänger:innen auf die Hinterbühne kommen, sind alle Kostüme und Schuhe in den Garderoben vorbereitet, die Requisiten an ihrem Platz und die Spezialeffekte eingerichtet. Auf der Hinterbühne herrscht nun reges Treiben, die Stimmung ist voller gespannter Vorfreude. Pünktlich um 21 Uhr ertönt die Freischütz-Ouvertüre. Und Action!

(ec/bk)

28.11.2024 Fotoprobe "Der Freischütz" 2024, Viva Foster (Agathe Double) © Bregenzer Festspiele / Anja Koehler
28.11.2024 Stuntfrau Viva Foster, Stuntprobe April 2024 © Bregenzer Festspiele / Eva Cerv
28.11.2024 Brautjungfern (mit Stuntfrau Viva Foster) © Bregenzer Festspiele / Anja Koehler
28.11.2024 Stuntfrau Viva Foster, Stuntprobe April 2024 © Bregenzer Festspiele / Eva Cerv
28.11.2024 Fotoprobe "Der Freischütz" 2024, Katharina Ruckgaber (Ännchen) © Bregenzer Festspiele / Daniel Amman
28.11.2024 Regisseur Philipp Stölzl, Stuntfrau Viva Foster, Stuntprobe April 2024 © Bregenzer Festspiele / Eva Cerv

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