Symphonieorchester für eine Woche
DIE ORCHESTERAKADEMIE BIETET NACHWUCHSMUSIKER:INNEN WERTVOLLEN AUSTAUSCH MIT ERFAHRENEN TOP-MUSIKER:INNEN
"Bei so einem Konzert bekommt man als junger Musiker die Möglichkeit, voller Begeisterung zu spielen. Ich glaube, diese Energie überträgt sich auch auf das Publikum", erzählt der 26-jährige Jan-Lukas Willms voller Vorfreude. "Das stimmt, bei so jungen Orchestermusiker:innen spürt man eine andere Atmosphäre", bestätigt Reinhard Wieser. Der erste Klarinettist der Wiener Symphoniker weiß genau, wovon er spricht: Der 58-Jährige ist einer der Dozent:innen der Orchesterakademie Bregenz, die den Nachwuchs auf den großen Auftritt am Sonntag vorbereitet. Das Programm ist anspruchsvoll.
Hilfreiches Feedback
Jan-Lukas Willms, Student an der Universität der Künste in Berlin, konnte sich im Auswahlverfahren der Akademie durchsetzen. Er nahm ein rund 20-minütiges Video auf und schickte es nach Wien. Zum einen spielte er mit Mozarts Klarinettenkonzert einen "Vorspiel-Klassiker", zum anderen Ausschnitte aus dem Konzertprogramm in Bregenz, wo er zwischen der Standard-B-Klarinette und der kleineren Es-Klarinette wechselt. Nach dem Sommer wird der junge Mann am Niedersächsischen Staatstheater Hannover seine erste Stelle in einem professionellen Orchester antreten. Die Orchesterakademie sieht er als willkommene Gelegenheit, "um mich ‚aufzuwärmen‘ und Feedback zu bekommen".
"Eigentlich schon wie in einem Profiorchester"
Vor zwei Jahren haben die Wiener Symphoniker, die Bregenzer Festspiele und die Stella Vorarlberg Privathochschule für Musik die Orchesterakademie ins Leben gerufen – als wichtiges Zeichen für den künstlerischen Nachwuchs. Für eine Woche kommt ein komplettes Symphonieorchester zusammen: 81 Musiker:innen im Alter zwischen 17 und 27 Jahren treffen auf gut ein Dutzend Dozent:innen, eine:n für jedes Instrument. Reinhard Wieser ist für die Klarinetten verantwortlich. Seine Erfahrung kann sich sehen lassen: 1985 fing er bei den Wiener Symphonikern an, seit knapp 30 Jahren unterrichtet er an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien.
Am vergangenen Wochenende haben die sogenannten Stimmproben begonnen, bei denen sich die einzelnen Instrumentengruppen aufeinander einstellen. "Die jungen Kolleg:innen haben sich fantastisch vorbereitet", lobt Wieser. "Das ist schon wie in einem Profiorchester, dass die Probe nicht zum Üben da ist, sondern von Anfang an die Interpretation geformt wird." Am Montag wurde erstmals mit dem gesamten Orchester unter der Leitung von Chefdirigent Daniel Cohen geprobt.
Mehr als ein Solist
Das Ergebnis ihrer Arbeit wird ein vielschichtiges Programm sein. Dazu zählt Arnold Schönbergs Kammersymphonie Nr. 1, ein "extrem schweres Werk an der Schwelle zur Moderne, bei dem die jungen Kolleg:innen sehr viel lernen können", wie Wieser sagt. "Das Schöne an diesem Stück ist, dass die meisten Instrumente auch solistisch eingesetzt sind und so alle ihre besonderen Momente haben."
Das gilt auch für Béla Bartóks Konzert für Orchester – für Wieser eines der effektvollsten Orchesterwerke überhaupt. "Wir sind alle gleichermaßen gefordert, Zeit zum Ausruhen gibt es kaum", stimmt Willms zu. Hinzu kommen Orchesterlieder von Richard Strauss und ein Ausschnitt aus seiner Oper Der Rosenkavalier, interpretiert von der deutschen Sopranistin Marlis Petersen. "Sie allein ist schon ein Grund, nach Bregenz zu kommen", sagt Reinhard Wieser. "Für jede:n Musiker:in ist es unglaublich wertvoll, mit Sänger:innen zu arbeiten. Bei ihnen kann man immer etwas lernen, in der Phrasierung, in der Gestaltung."
Das Konzert der Orchesterakademie findet am Sonntag, 11. August im Großen Saal des Festspielhauses statt, Beginn ist um 11 Uhr. Es dirigiert Daniel Cohen, als Solistin ist Marlis Petersen (Sopran) zu erleben. Auf dem Programm stehen Arnold Schönbergs Kammersinfonie Nr. 1 für großes Orchester, ausgewählte Orchesterlieder von Richard Strauss, ferner ein Ausschnitt aus seiner Oper Der Rosenkavalier sowie Béla Bartóks Konzert für Orchester.
(tb)