Publikumsservice: Die aufmerksamen Visitenkarten der Bregenzer Festspiele
GRUNDSÄTZLICH HILFSBEREIT UND ZUVORKOMMEND – 60 FRAUEN UND MÄNNER SIND DIE UNMITTELBAREN ANSPRECHPERSONEN
Bei ausverkauften Vorstellungen von Der Freischütz werden 6719 Gäste von den Platzeinweiser:innen schnellstmöglich zu ihren Sitzplätzen geleitet. Andere Mitarbeiter:innen kümmern sich um den Einlass oder begrüßen Gäste, die mit dem Schiff anreisen. Doch damit ist das Tätigkeitsfeld des Publikumsdienstes noch lange nicht erschöpft.
Wenn Der Freischütz gespielt wird, dann sind an jedem dieser Abende auch 60 Mitglieder des Publikumsservice im Einsatz. Sie sind die Ansprechpersonen der Besucher:innen, sorgen als Schnittstelle zur Abendspielleitung für einen reibungslosen Ablauf „diesseits“ der Seebühne und tragen mit ihrer positiven Art zum unvergesslichen Gesamterlebnis bei.
Eine von ihnen ist Judith Mück. Sie studiert Musikwissenschaft in Graz und ist bereits den vierten Sommer Teil des Teams: "Der Publikumsservice ist auf der Seetribüne nach Aufgängen eingeteilt. Das bedeutet, man arbeitet immer am gleichen Aufgang: Ich bin bei C." Arbeitsbeginn während der Festspielzeit ist normalerweise eineinhalb Stunden vor Vorstellungsbeginn. Einige Leute aus dem Publikumsservice sind schon während der Proben des Spiels auf dem See im Einsatz, denn wenn die Tribüne zwischen den Proben fürs Publikum zugänglich ist, müssen die Menschen beim Beginn der Abendprobe sanft, aber bestimmt zum Verlassen derselben aufgefordert werden. So sei man auch bei der Erarbeitung des Spiels auf dem See mit dabei, was Judith Mück sehr spannend findet.
Seit dem Vogelhändler 1984 dabei
Mehr als 30 Jahre lang, von 1984 bis 2016, wies auch Rosi Winkler auf der Seetribüne Plätze an, gab tausendfach Auskunft oder sorgte dafür, dass verlorene Gegenstände eingesammelt wurden und nach Möglichkeit wieder den Weg zu ihren Besitzer:innen fanden. Vor sieben Jahren hat sie "draußen" Schluss gemacht. Doch im Festspielhaus, auf der Werkstattbühne oder im Landestheater ist Rosi Winkler trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch immer regelmäßig anzutreffen. Was 1984 als Vertretung für ihren studierenden Sohn bei Carl Zellers Der Vogelhändler als Spiel auf dem See begann, entwickelte sich im Laufe der Jahre zur überwiegend abendlichen Ganzjahresbeschäftigung für alle Veranstaltungsarten im Festspielhaus: "Mir gefällt das, man bekommt viel Kultur mit. Und in meinem Alter ist es einfach gut, etwas zu tun!"
Seebühne oder Festspielhaus, da gebe es durchaus große Unterschiede. Die Leute würden sich anders verhalten, sagt Rosi Winkler, will aber nur so viel verraten: Auf der Seetribüne sei die Hektik manchmal etwas größer, vor allem bei wankelmütigem Wetter.
Auch deshalb gibt es vor jeder Vorstellung, drinnen wie draußen, eine gemeinsame Besprechung aller Mitglieder:innen des Publikumsservice. Was ist heute zu erwarten, ist etwas anders als sonst? Braucht jemand besondere Hilfe? "Genau deshalb mache ich das gerne: Weil ich helfen kann und weil ich gerne unter Menschen bin", resümiert Rosi Winkler. Dass sie Andrea Bocelli zum Klavier begleiten durfte oder 2008, wie sie noch ganz genau erinnert "beim Aufgang C" den Pianisten Lang Lang über die Tribüne zu seinem Flügel vor der Tosca-Kulisse geleitet hat, waren zwei ihrer vielen Highlights ihrer langjährigen Tätigkeit.
"Wo sitzt eigentlich das Orchester?"
Die Mitarbeiter:innen des Publikumsservice sind darauf geschult, aufmerksam zu sein und zuvorkommend auf die Gäste zuzugehen, um ihre unmittelbare Kernaufgabe, die Begleitung zu den Sitzplätzen und den reibungslose Auslass nach der Vorstellung zu erfüllen. Dazwischen wird es ruhig, aber gibt keine Pause, denn der zugeteilte Bereich der Tribüne wird laufend beobachtet: Schließlich kann bei mehreren Tausend Gästen immer etwas passieren. Medizinische Zwischenfälle sind zum Glück äußerst selten, aber dann ist schnelles und gezieltes Handeln in Zusammenarbeit mit den Helfern der Blaulichtorganisationen gefragt. Was sind die häufigsten Fragen an den Publikumsservice, abgesehen von der Frage nach dem Sitzplatz? "‚Wo sitzt eigentlich das Orchester? und Wo kann man danach etwas trinken?", ergänzt Judith Mück die "Top 3 Fragen".
„Irgendetwas bleibt immer liegen“.
Ob draußen oder drinnen, wenn sich die Reihen buchstäblich gelichtet haben, den Gehbehinderten beim Verlassen des Saales geholfen wurde, beginnt der letzte Akt des Publikumsservice: die Suche nach verlorenen Gegenständen. Alle Fundstücke, auch diejenigen, die in der Garderobe hängen geblieben sind, werden fein säuberlich beschriftet und zum Portier gebracht. Denn die Portiersloge ist rund um die Uhr besetzt. Was sind das für Fundstücke? "Sitzkissen, Kosmetikartikel, die aus der Tasche fallen, aber auch mal Schuhe", erzählt Judith Mück, und Rosi Winkler ergänzt: "Regenschirme, Handtaschen, manchmal auch Handys." Nach 40 Jahren weiß sie nur zu gut: "Irgendetwas bleibt immer liegen"
(ami)