Pressetag II
Festspielfinale bringt Bravourstück und Uraufführung
Werther und Die Judith von Shimoda
Bregenz, 10.8.23. Zehn Tage vor Ende der 77. Saison bieten die Bregenzer Festspiele einen Blick auf zwei außergewöhnliche Musiktheater-Ereignisse, die ein fulminantes Festspielfinale versprechen: Im Kornmarkttheater feiert am kommenden Montag die Opernstudio-Produktion Werther Premiere. Auf der Werkstattbühne erfährt am kommenden Donnerstag die Oper Die Judith von Shimoda ihre Uraufführung.
Weiters stehen mit dem Symphonieorchester Vorarlberg am letzten Festspielsonntag und Brass Appassionato am kommenden Sonntag zwei Orchestermatineen am Programm. Beim Spiel auf dem See stirbt Madame Butterfly inklusive des heutigen Abends noch neun Mal den Bühnentod in der viel akklamierten Inszenierung von Andreas Homoki, bevor das überdimensionale Blatt Papier im Bodensee für immer verschwunden sein wird.
Opernstudio bringt Bravourstück ins Kornmarkttheater
In Jules Massenets Oper Werther nach dem Briefroman Die Leiden des jungen Werther von Johann Wolfgang von Goethe möchte Regisseurin Jana Vetten den Fokus auf die Figur der Charlotte und ihre Familie richten. „Werther ignoriert die Bedürfnisse von Charlotte, bezeichnet diese Ignoranz als Liebe. Ich werde mich mit Charlottes Schmerz, ihrem Weiterleben stark beschäftigen“, sagt die aus Bamberg stammende, freischaffende Regisseurin, die im Festspielsommer 2021 Regie führte bei der Uraufführung des Schauspiels Lohn der Nacht von Bernhard Studlar in Koproduktion von Theater Kosmos und Bregenzer Festspielen.
Die musikalische Leitung dieser Opernstudioproduktion hat Claire Levacher, die 2017 die Musiktheater-Uraufführung To the Lighthouse bei den Bregenzer Festspielen dirigierte. Bühnenbild und Kostüme stammen von Camilla Hägebarth, es spielt das Symphonieorchester Vorarlberg, es singt der Kinderchor der Musikmittelschule Bregenz-Stadt.
Das 2015 von Elisabeth Sobotka gegründete Festspiel-Opernstudio möchte jungen Sängern und Sängerinnen ideale Bedingungen bieten, um sich professionell entwickeln zu können. Bereits im Frühjahr waren sie Teil der von Kammersängerin Brigitte Fassbaender geleiteten Meisterklasse. Komponist Jules Massenet schuf gemeinsam mit drei Textdichtern seine musikalische Version von Werther basierend auf Goethes Briefroman. Diese große romantische Oper wurde 1892 in Wien uraufgeführt und stellt ein Bravourstück des Opernrepertoires dar, dem sich nun die sieben jungen Sängerinnen und Sänger des achten Festspiel-Opernstudios annehmen.
Von der Geisha zur Aktivistin: Die Judith von Shimoda
Was zunächst nach einer Abwandlung der Handlung von Madame Butterfly aussieht, basiert in Wahrheit auf einem 1940 veröffentlichten Theaterstück von Bertolt Brecht: Eine Geisha dient einem US-amerikanischen Konsul in Japan. Fabián Panisello, argentinisch-spanischer Komponist, verarbeitete diesen Stoff mit Die Judith von Shimoda nun zu einer Oper in zwei Teilen, die am 17. August ihre Uraufführung auf der Werkstattbühne der Bregenzer Festspiele feiert. Koproduzent des Auftragswerks ist die Neue Oper Wien.
Die Inszenierung hat vor rund einem Monat kurzfristig Carmen C. Kruse von Philipp M. Krenn übernommen, der aus privaten Gründen die Regietätigkeit absagen musste. „Einerseits gibt es Ähnlichkeiten zum Stoff von Madame Butterfly, andererseits setzt sich Die Judith von Shimoda intensiver mit den Auswirkungen von Patriarchat und Gendergewalt auf die gesamte Gesellschaft auseinander und begegnet dem Thema mit Respekt, Ernsthaftigkeit und Humor. Und auch das Ende ist ein anderes“, sagt die in Kärnten und Hamburg aufgewachsene Regisseurin und Stückentwicklerin. Ausstatterin Susanne Brendel habe dazu einen Seelenraum entwickelt, in dem die Musik durch Videos ergänzt werde.
Die Inszenierung stellt die Figur der Okichi in den Mittelpunkt, die über einen Zeitraum von 20 Jahren von einer Geisha zur Aktivistin, zur Künstlerin wird. „Okichi ist eine vielschichtige Frauenfigur, die trotz den Widrigkeiten des Lebens an ihren Werten festhält und immer wieder Stärke findet. Frauenrechte spielen eine große Rolle, inspiriert durch aktuelle Künstlerinnen wie Pussy Riot“, erläutert Carmen C. Kruse.
Die musikalische Leitung hat Walter Kobéra, Intendant der Neuen Oper Wien. Für Bühne, Kostüme und Video zeichnet Susanne Brendel verantwortlich, für das Licht ist Norbert Chmel verantwortlich. Es singt der Wiener Kammerchor, es spielt das amadeus ensemble-wien.
Madame Butterfly: Restkarten verfügbar
Das Spiel auf dem See wird inklusive der Seebühnen-Vorstellung heute an 18 Abenden rund 125.000 Menschen (inklusive Generalprobe und Young People's Night) in seinen Bann gezogen haben, sofern heute keine Wetterabsage erfolgt. Madame Butterfly steht danach noch an weiteren acht Spielterminen auf dem Programm. Tickets sind in einigen Kategorien noch verfügbar.
(ar)