"Das ist wie ein Boxenstopp beim Autorennen"
Stuntfrau Viva Foster vom Wired Aerial Theatre ist bereits zum vierten Mal in Bregenz. Im "Freischütz" spielt sie viele Rollen - und wechselt entsprechend oft das Kostüm.
Viva Foster hat viele Leidenschaften. Eine davon ist das Tauchen. Das kommt der Darstellerin vieler Rollen in der aktuellen Seeproduktion Der Freischütz zugute. Sie hat schon früh getestet, was dem Sängerensemble an "Kunststücken" zuzumuten ist und was nicht.
Wenn sich Agathe in ihrem bedrohlich schiefen Bett eine gefühlte Ewigkeit hin und her, vor und zurück wirft, kommen einem der Film Der Exorzist und andere schaurige Szenen in den Sinn: es ist einer jener Momente im Bregenzer Freischütz, der vielen in Erinnerung bleiben wird. Allerdings ist hier nicht die Sängerin der Agathe am Werk, sondern Abend für Abend ihr Double Viva Foster.
Die Neuseeländerin ist eine Frohnatur. Ob das Gerücht stimme, dass sie während einer Freischütz-Aufführung mehr Zeit mit Kostümwechsel und Maske verbringe als auf der Bühne? Ja, sagt sie lachend. Sechs Mal ist sie in der Oper zu sehen - immer wieder als jemand anderes. "Ich bin gleich am Anfang dran, aber da ist es schwer, mich zu entdecken", erzählt sie mit einem frechen Grinsen: "Ich liege im Sarg und werde oben auf dem Hügel begraben. Dann bin ich beim Wasserballett und mit leuchtenden Sternen im Haar. Dann kommt die schaurige Szene im Bett, dann die Brautjungfern die im Kreis tanzen und schließlich das große Finale, wo wir alle noch einmal auf der Bühne stehen".
Die vielen Kostümwechsel klingen stressig? Viva Foster wiegelt ab. "Ein bisschen anstrengend" sei es zu Beginn der Proben schon gewesen, "bis alle ihr Timing gelernt hatten. Aber mit der Zeit wissen du und dein Team hinter der Bühne genau, was wann zu tun ist. Mittlerweile ist das wie ein Boxenstopp bei einem Autorennen."
Viva Foster wuchs in Dunedin, Neuseeland, auf und war Junior Associate an der New Zealand School of Dance, bevor sie ihre Ausbildung an der National Theatre Ballet School in Melbourne, Australien, abschloss. Während ihrer Zeit dort war sie Mitglied der ersten Jugendtanzgruppe des Landes. Vor zwölf Jahren kam sie nach Großbritannien. Seitdem arbeitet sie dort, aber auch in der Schweiz, in Österreich oder Thailand – "überall, ich bin Freelancer".
Der Freischütz ist ihre vierte Produktion in Bregenz. Diese bekannteste deutsche Oper der Romantik kannte sie vorher nicht. Was sie darin alles macht, ist gar nicht so einfach zu fassen. Tanz, Performance, Stunt? "Ein bisschen von allem", sagt Viva Foster und lächelt. Da war doch noch mehr, oder? Ja, bestätigt sie, schon im April war sie für eine knappe Woche in Bregenz. In Sondermission sozusagen. Monate vor dem offiziellen Probenbeginn ging es um das generelle Ausprobieren einzelner Ideen und darum, ob gewisse akrobatische Einlagen auch den Sänger:innen zuzumuten sind. So sprang Viva Foster bereits im Frühjahr von der Schlange in die Tiefe oder agierte als Wasserleiche. Schon im Vorfeld von Rigoletto hatte sie vor fünf Jahren als eine Art "Versuchskaninchen" sie solche Test-Stunts übernommen.
Beim Freischütz konzentrierte sich ein Großteil dieser Vorproben auf die Choreografie der Stuntleute in den verschiedenen Wasserszenen, schildert Viva Foster, damit "ich weiß, was zu tun ist, wenn ich während der Probenzeit Sänger:innen und Schauspieler:innen instruieren muss". Die Vorarbeiten im Team hätten ihr viel Spaß gemacht, sagt sie. Dass die sportliche Allrounderin auch ausgebildete Tauchlehrerin ist, war dabei kein Nachteil.
Das Wasser. Immer wieder das Wasser. Es macht dieses Spiel auf dem See auch für Viva Foster "so ganz anders" als zuvor Carmen, Rigoletto und Madame Butterfly, wo sie an Seilen befestigt durch die Luft wirbelte und andere Kunststücke vollführte. "Es ist sehr anstrengend, in nassen, schweren Kostümen durchs Wasser zu schreiten oder Ballett zu tanzen." Dennoch: Sie liebe das Wasserballett, schwärmt Viva Foster, doch die Szene hoch oben im freischwebenden Bett übertreffe alles: "Das ist schon etwas ganz Besonderes für mich, auch weil es eine Art Solo ist." Ist das nicht furchtbar anstrengend? "Ja", sagt sie zunächst, überlegt dann kurz und relativiert: "Es ist ja nur eine kurze Szene ... 30 oder 40 Sekunden? Danach liege ich noch ein paar Minuten im Bett und kann mich ausruhen, während Max seine Albträume wahr werden sieht...".
Untenstehend finden Sie Fotos von Viva Foster aus der Produktion und während der Probenzeit im April 2024.
(ami)